Dermatologen vs. Viactiv BKK

Wegen Regressen: Ärzte kündigen Kassenvertrag

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Berlin -

Weil sich die Viactiv BKK nicht an ein faires Miteinander hält, zieht der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) jetzt Konsequenzen und steigt aus einem bestehenden Vertrag mit der Kasse aus. Hintergrund sind Massenregresse wegen der Verordnung von Therapieallergenen.

Anfang 2022 hatte die Kasse mit den umstrittenen Regressen begonnen. Es geht um Verordnungen von Therapieallergenen ohne Zulassung, die nach Ansicht der Viactiv BKK grundsätzlich nicht zulasten der Krankenkassen verordnet werden dürfen. Laut § 3 Therapieallergene-Verordnung (TAV) dürfen entsprechende Präparate allerdings ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden, sofern sie bei Inkrafttreten der Verordnung im Jahr 2008 hergestellt wurden, dies angezeigt wurde und ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht jährlich eine Liste der Therapieallergene, die zwar noch keine Zulassung haben, aber unter die Übergangsregelung fallen und damit verkehrsfähig sind. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte in einer Stellungnahme vom 16. März 2022 nochmals an alle Prüfstellen klargestellt, „dass nach der bestehenden Rechtslage Therapieallergene grundsätzlich zu Lasten der GKV verordnungsfähig sind – und zwar auch diejenigen, die unter die Übergangsregelung des § 3 der Therapieallergene-Verordnung fallen“. Ein anderweitiges Verständnis sei ein „bewusstes Missverstehen der TAV“.

Beratung statt Regress

Nach dem gemeinsamen Protest verschiedener allergologischer Fachverbände hatte die Viactiv BKK im April 2022 zwar eingelenkt und zugesichert, nicht an den Regressen festzuhalten und auf eine monetäre Rückzahlung zu bestehen. Um allerdings das Gesicht nicht ganz zu verlieren, hatte die Kasse eine Beratung der Ärztinnen und Ärzte gefordert.

Schon dies war aus Sicht des BVDD nicht ausreichend, da die Kasse die Regressdrohungen nicht ganz fallen ließ. Bis heute seit die Kasse mehrmaligen Aufforderungen nicht nachgekommen, alle gegen Dermatologinnen und Dermatologen eingeleiteten und anhängigen Regressverfahren wegen einer allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) schriftlich bei den gemeinsamen Prüfeinrichtungen von Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenkassen zurückzunehmen. Stattdessen habe die Kasse angekündigt, Neuverordnungen der beanstandeten Therapieallergene ab dem 1. April 2022 wieder den Prüfstellen mit einem Regressantrag zur Prüfung vorzulegen.

Da die Sache also noch nicht vom Tisch ist, zieht der Berufsverband mit 3800 Mitgliedern jetzt die Reißleine – und steigt aus einem Vertrag aus, der nichts mit Therapieallergenen, sondern mit teuren Psoriasismedikamenten zu tun hat. Zum Jahresende wird die seit Anfang 2022 geltende Vereinbarung zur besonderen Versorgung nach § 140a Sozialgesetzbuch (SGB V) in den Indikationen Psoriasis und Neurodermitis außerordentlich gekündigt.

Prämie für Rabattarzneimittel

Der Vertrag mit dem Namen „DermaOne“ sieht vor, dass die teilnehmenden Dermatologinnen und Dermatologen bei Patientinnen und Patienten mit Schuppenflechte und/oder Neurodermitis bestimmte Präpartate aus den Gruppen der Biologika, PDE-4-Hemmern, JAK-Inhibitoren oder Fumaraten verordnen. Zwar erhalten die Ärztinnen und Ärzten für die Teilnahme am Vertrag Pauschalen außerhalb der budgetierten Vergütung sowie zusätzliche Boni bei der Verordnung rabattierter Arzneimittel und auch einen Ampel-Bonus bei entsprechender Wirtschaftlichkeit über die Gesamtverordnungen. Doch auch für die Krankenkassen – neben der Viactiv BKK sind auch die TK sowie weitere BKKen am Vertrag beteiligt – lohnt sich die Vereinbarung, da rabattierte Arzneimittel im Fokus stehen. Ähnliche Verträge gibt es im Bereich der Rheumatologie.

„Das Vorgehen der Viactiv im Rahmen der Verordnungsprüfung von Therapieallergenen hat zu einem völlig zerrütteten Verhältnis zwischen der Kasse und den betroffenen Fachärztinnen und Fachärzten insbesondere für Dermatologie geführt“, begründet BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski den drastischen Schritt. Auch die anderen Vertragsteilnehmer wie die TK seien massiv irritiert vom Vorgehen der Viactiv BKK, so von Kiedrowski.

Keine vertrauensvolle Zusammenarbeit

„Es kann nicht sein, dass Dermatologinnen und Dermatologen im Rahmen des DermaOne-Vertrages mit viel Aufwand Versicherte derjenigen Kasse versorgen, die ihnen gleichzeitig mit Regressanträgen das Leben schwer macht. Grundlage eines solchen Selektivvertrages ist immer die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Vertragspartner“, betont der BVDD-Präsident.

Da auch ein Gespräch mit dem Viactiv-Vorstand im Juli dieses Jahres bislang ohne Reaktion auf die Forderungen des BVDD geblieben sei, sehe man sämtliche Bemühungen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, als gescheitert an. „Unter Berücksichtigung aller Umstände ist es Dermatologinnen und Dermatologen nicht länger zumutbar, einen Versorgungsvertrag mit einer derart versorgungsfeindlich eingestellten Kasse umzusetzen“, sagt von Kiedrowski.

Das Kündigungsschreiben ist Ende Oktober an die Krankenkasse verschickt worden. Ob in einem weiteren Gespräch die Krankenkasse den Forderungen des BVDD nachkommen wird, ist ungewiss. Sollte dies doch noch der Fall sein, kann über eine Fortführung des DermaOne-Vertrages mit der Viactiv noch einmal nachgedacht werden.

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