Pflegenotstand

Wegen öffentlicher Kritik: Klinik streicht Ricardo Lange

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Berlin -

Der Intensivpfleger Ricardo Lange ist zum Gesicht des Pflegenotstands geworden. Mittlerweile seit Jahren prangert er öffentlichkeitswirksam Missstände wie die teils katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Krankenpflege an und scheut dabei auch vor kontroversen Diskussionen mit Spitzenpolitikern nicht zurück. Einer Klinik, für die er jahrelang regelmäßig gearbeitet hat, wurde das jetzt zu viel. Statt sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, setzte sie ihn vor die Tür.

Ricardo Lange trommelt dafür, dass sich die Politik endlich der eklatanten Missstände in der Pflege annimmt – und muss dafür nun erstmals auch persönliche Konsequenzen seitens eines Krankenhauses spüren. „Bisher haben sich die negativen Auswirkungen meiner Bemühungen für eine bessere Patientenversorgung auf Beleidigungen beschränkt“, erklärte Lange am Wochenende über Twitter. „Nun darf ich in einer Klinik nicht mehr arbeiten, weil ich mich zu medienwirksam für die Pflege einsetze. Ich bin enttäuscht!“

Warum ihn die Klinik von den Dienstplänen gestrichen hat, darüber lässt er auf Anfrage keine Zweifel: „Mir wurde am Telefon gesagt, dass die meine mediale Präsenz nicht wollen.“ Den Namen der Klinik wolle er aus Gründen des guten Stils nicht nennen, aber: „Ich habe ewig dort gearbeitet, bin immer eingesprungen, wenn ich gebraucht wurde. Deshalb fand ich das so krass.“ Er habe stets darauf geachtet, dass die Klinik nicht öffentlich erkennbar ist.

Eine rechtliche Handhabe, gegen die Entscheidung vorzugehen, hat Lange nicht. Er ist angestellt bei einer Leiharbeitsfirma, die Klinik kann deshalb frei entscheiden, welche Dienste sie bucht. „Die Leute denken immer, ich mache den Mund auf und es passiert nichts. Und dann muss ich die Konsequenzen tragen.“ Das passiere, „wenn man Dinge anprangert und sagt, dass Krankenhäuser Profitunternehmen sind“, so Lange.

Es gehe ihm mit seiner öffentlichen Arbeit nicht darum, ein einzeln Krankenhaus schlecht dastehen zu lassen – im Gegenteil: Lange engagiert sich seit geraumer Zeit öffentlich dafür, die prekären und teils unhaltbaren Umstände, unter denen Pfleger:innen in Deutschland arbeiten, nicht nur bekannt zu machen, sondern auch gegenüber der Politik ihre Interessen zu vertreten. Neben seinen Social-Media-Auftritten und Podcast-Auftritten schreibt er dabei auch Kolumnen und traf sich für den Tagesspiegel mit Spitzenpolitikern aller Bundestagsparteien, um über den Pflegenotstand zu diskutieren. Dabei kritisiert er auch immer wieder systemische Ursachen des Notstands wie das System der Kopfpauschalen, das den Gewinnzwang noch verschärfe, der wiederum auf Kosten von Personal und Patienten gehe. Für sein Engagement wurde er mit dem goldenen VISION.A Award in der Kategorie „Gesundfluencer:innen“ ausgezeichnet.

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