Die Herausforderungen für die Gesundheitssysteme nehmen zu. Der europäische Apothekerverband PGEU verrät in einem neuen Positionspapier, wie die Branche bei der Zukunftssicherung helfen kann.
Die PGEU hat zusammengetragen, welche Leistungen in den öffentlichen Apotheken in der EU verfügbar sind. In allen 24 Ländern gibt es einen Nachtdienst, in 23 werden Altmedikamente entsorgt, in 21 Staaten gibt es die „Pille danach“, in 20 wird der Blutdruck regelmäßig kontrolliert. In 19 Ländern werden die Rauchentwöhnung unterstützt und das Gewicht kontrolliert. In 18 EU-Mitgliedsstaaten gibt es eine Diabetes-, in 17 Ländern ein Cholesterinkontrolle. Dagegen ist in nur neun Ländern eine Impfung in der Apotheke möglich.
Die Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme stehe ganz oben auf der Prioritätenliste der nationalen Regierungen und der gesamten EU, schreibt der Verband, der Vor-Ort-Apotheken in 31 europäischen Ländern repräsentiert. Die großen Herausforderungen seien die Überalterung der Gesellschaft, die Zunahme von chronischen Erkrankungen und die immensen Kosten für neue Kurzzeit-Behandlungsformen. So werde es immer schwerer, die Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung und ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern. Hier könnten die Apotheken einen wichtigen Beitrag leisten.
In seinem „Meinungspapier“ hat der Verband zusammengefasst, wie er sich eine möglichst nachhaltige Gesundheitsversorgung vorstellt. So plädiert PGEU für die Ausweitung der Serviceangebote von Apotheken in der medizinischen Grundversorgung. Dazu zählt der Verband die Betreuung eines Medikamentenplans, Impfungen, Screenings, Raucherentwöhnungen, die Behandlung von leichten Beschwerden, die Förderung der Gesundheitsprävention und einem besseren Management von lang andauernden Erkrankungen. Solche kosteneffektiven Leistungen hätten ihre positive Wirkung auf die Therapietreue und die Verbesserung des Patientenbefindens bereits unter Beweis gestellt.
Außerdem spricht sich PGEU für eine bessere Einbindung der Vor-Ort-Apotheken in das Netzwerk der medizinischen Erstversorgung und eine verstärkte Anerkennung als Serviceleister der medizinischen Grundversorgung aus. So könne der Zugang zu Gesundheitsleistungen erleichtert und die sekundäre Versorgung entlastet werden.
Auch innovative beziehungsweise spezialisierte Behandlungsformen wie Biosimilars oder Biologika sollten verstärkt zum Einsatz kommen. In den Apotheken eröffne sich die einmalige Gelegenheit, die Ausgabe der Medikamente mit einer Verlaufskontrolle der Behandlung zu verbinden. So könne man Praxisdaten zur Effektivität und dem therapeutischen Zusatznutzen der Arzneimittel gewinnen.
Gleichzeitig sollten weitere Anreize für die verstärkte Anwendung von Generika geschaffen und damit Medikamente erschwinglicher gemacht werden. Wer als Vor-Ort-Apotheke Einsatz für ökonomisch nachhaltige Serviceleistungen zeige, solle honoriert werden. Zudem fordert PGEU, Apotheken verstärkt in nationale Aktionspläne zur Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen, zur Verbesserung der Impfabdeckung und Risikominimierungsvorhaben für andere medizinische Therapien miteinzubeziehen.
Der EU-Apothekerverband wurde am 29. Mai 1959 in Frankfurt gegründet. Zunächst ein Forum für den losen Erfahrungsaustausch, kamen mit der Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten und der Ausweitung der Zuständigkeiten der heutigen EU immer neue Aufgaben auf die Vertretung in Brüssel zu. In den 1980er Jahren half PGEU beispielsweise, die Ausbildung und Qualifizierung pharmazeutischen Personals europaweit anzugleichen.
Mit den EU-Verfahren zum Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie zu Niederlassungsbeschränkungen für Apotheken gewann die Interessenvertretung in Brüssel endgültig eine neue Bedeutung. Seit Ende der 1990er Jahre hatten sich immer wieder Apotheker beispielsweise aus Spanien oder Italien über die strengen Zulassungsregeln beschwert. 2004 monierte Celesio die Zugangsbeschränkungen in Italien; die Brüsseler Behörde leitete schließlich Vertragsverletzungsverfahren ein, die erst 2011 formal eingestellt wurden.
Heute gehören rund 400.000 Pharmazeuten aus 30 Ländern über ihre nationalen Standesorganisationen der PGEU an – Mitglied werden können ausschließlich Apothekerorganisationen. Ein halbes Dutzend Mitarbeiter vertreten die europäischen Pharmazeuten. Mehrfach im Jahr finden Treffen der Generalversammlung, der Arbeitsgruppen oder des Vorstands statt. Dessen Vorsitz wechselt jährlich. Seit 2017 hat Rajesh Patel den Posten inne. Er sitzt im Vorstand der britischen Apothekerorganisation NPA und vertritt diese in der PGEU.
APOTHEKE ADHOC Debatte