Um die Apothekenreform ist es ruhig geworden. Das Gesetzesvorhaben steckt in der Ressortabstimmung fest. Doch die Lage ist ernst. Im dritten Quartal haben weitere 100 Apotheken geschlossen. Am kommenden Mittwoch geht der Apothekenprotest in die nächste Runde und in Hannover findet eine Kundgebung statt. Die Abda setzt auf Plakate, die Resolution „Mehr Apotheke wagen“ – und wartet auf die versprochenen Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Die Abda hat sich klar gegen die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Apotheke ohne Approbierte ausgesprochen. Weitere Eskalationsstufen wolle man in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf zünden. „Die Delegierten des Deutschen Apothekertages in München haben sich mit dem Bundesgesundheitsminister zwar leider nur kurz, dafür aber sehr kritisch über dessen Vorschläge für eine Apothekenreform ausgetauscht – und daraufhin mit überwältigender Mehrheit die Resolution ‚Mehr Apotheke wagen‘ beschlossen“, teilt ein Sprecher mit.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, das vorgelegte Apothekenreformgesetz abzulehnen und umgehend finanzielle Soforthilfen für Apotheken bereitzustellen, um die akute Schließungswelle zu stoppen. Das Apothekenreformgesetz mit Apotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker stärke nämlich nicht die Arzneimittelversorgung, sondern schwäche sie stattdessen, so der Sprecher. „Denn mit Blick auf die alternde Gesellschaft und den medizinischen Fortschritt wird die Expertise der Pharmazeutinnen und Pharmazeuten künftig eher mehr als weniger gebraucht.“
Dass es das Apothekenreformgesetz noch nicht ins Kabinett geschafft hat, ist den Apothekenprotesten und den Gesprächen mit Politiker:innen zu verdanken. „Dass auch Stimmen aus dem Bundeskabinett die Schwächen des Referentenentwurfes sehen und ihn deshalb vorläufig gestoppt haben, bestärkt uns in unserem Wirken“, so der Sprecher.
Die Abda hatte Lauterbach kurz nach Bekanntwerden des Entwurfes ein sehr konkretes Gesprächsangebot gemacht. „Wir wollten gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium eine Lösung für die Apothekenreform finden.“ Doch dieses Gespräch fand nie statt. „Auf dieses Angebot hat das Ministerium bislang nicht geantwortet.“
„Seit dem Apothekertag warten wir jedenfalls auf neue Vorschläge des Ministers, die auf den großen Handlungsbedarf in der Arzneimittelversorgung eingehen.“ Denn Anfang Oktober erklärte Lauterbach, er werde in Kürze mit einem neuen Vorschlag für eine Apothekenreform auf die Apotheken zukommen. Doch das ist knapp drei Wochen her.
Auch die Abda sieht erheblichen Handlungsdruck: „Alleine im vergangenen Jahr haben 500 Apotheken für immer geschlossen – und es gab bundesweit nur noch 62 Neugründungen.“ Ein Drittel der Apotheken weise bedenklich niedrige Betriebsergebnisse auf oder schreibe sogar rote Zahlen. „Ohne eine baldige finanzielle Stärkung wird sich der Rückgang der Apothekenzahl noch weiter beschleunigen – mit ernsthaften Konsequenzen“, so der Sprecher. Für die wohnortnahe Versorgung, die Situation bei den Lieferengpässen, für die älter werdende Gesellschaft und den großen Bedarf bei Primärversorgung und Prävention.
Ein weiteres Streitthema der Reform ist die Telepharmazie. „Es ist ein vergebener Kampf, wenn man versucht, Digitalisierung aus Apotheken fernzuhalten. Ich verstehe Ihren Protest, aber dass alles beim Alten bleibt, funktioniert nicht“, so Lauterbach beim DAT.
„Dass wir als Standesvertretung die Telepharmazie blockieren, ist schlichtweg nicht richtig“, wehrt sich der Sprecher. „Erst vor wenigen Monaten hat die Bundesapothekerkammer ein Symposium zu diesem Thema veranstaltet. Die Telepharmazie wird heute schon in zahlreichen Apotheken praktiziert.“ Für die Standesvertretung sei klar: Telepharmazie sei immer die Kommunikation zwischen Apotheke und Patient:in. „Das von Herrn Lauterbach geplante Wegstreichen der Apothekerinnen und Apothekern aus der Versorgung hat nichts mit Telepharmazie zu tun.“
APOTHEKE ADHOC Debatte