Am Wochenende werden die Grünen ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl am 24. September beschließen. Auf über 100 Seiten befassen sich die Partei mit der Umwelt, mit Europa und Friedenspolitik, Freiheit und Toleranz und Gerechtigkeit. Dem Thema Gesundheit widmen die Grünen nur ein sehr knappes Kapitel. Darin geht es vorwiegend um die Bürgerversicherung. Apotheken und Arzneimittelversorgung spielen darin keine Rolle. Dabei hatten sich die Grünen im Bundestag in der zurückliegenden Debatte über die Folgen des Rx-Versandverbots besonders engagiert gezeigt.
Als erste Fraktion hatten die Grünen in einer eigenen Anhörung im November erstmals ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und DocMorris-Vorstand Max Müller zu einer Diskussion geladen. Später brachten die Grünen einen eigenen Antrag in den Bundestag ein, in dem sie eine grundlegende Reform des Apothekenhonorars forderten. Zum Rx-Versandverbot sagten die Grünen kategorisch Nein. Dazu findet sich im Wahlprogramm jetzt keine Aussage. Auch schon vor vier Jahren verzichteten die Grünen in ihrem Wahlprogramm auf eine Positionierung zu Apotheken.
Stattdessen interessieren sich die Grünen für die Ärzteschaft und kritisieren die Ungleichbehandlung von Privat- und Kassenpatienten als „Zwei-Klassen-Medizin“: „Gesetzlich Versicherte bekommen später einen Termin bei Fachärztin oder Facharzt als privat Versicherte.“ Ärzte ließen sich vor allem dort nieder, wo viele privat Versicherte wohnten. Die Antwort der Grünen darauf lautet Bürgerversicherung: „Alle Bürgerinnen und Bürger, auch Beamte, Selbständige und Gutverdienende beteiligen sich. Auf Aktiengewinne und Kapitaleinkünfte werden ebenfalls Beiträge erhoben. Arbeitgeber übernehmen wieder jeweils die Hälfte des Beitrags“, fordern die Grünen.
Aus Sicht der Grünen gehören die Patienten in den Mittelpunkt. Deshalb soll die Prävention ausgebaut werden: „Von der Kindertagesstätte über die Schule bis hin zum Arbeitsleben und dem Leben im Alter wollen wir den Menschen Wissen über eine gesundheitsbewusste Lebensweise vermitteln.“
Ein eigene Kapitel ist den Grünen die Pflege wert. Durch den demografischen Wandel steige die Zahl der alten und hochbetagten Menschen. Darauf sei das Pflegesystem nicht ausreichend vorbereitet. Zu wenige Pflegepersonen versorgten immer mehr Pflegebedürftige. Die Qualität der Pflege sei dadurch oft schlecht und auf Dauer sei das System nicht ausreichend finanziert.
Die Grünen wollen die Familien stärker in die Pflege der Angehörigen einbinden und dafür arbeitsrechtliche Voraussetzungen schaffen. Dazu schlagen sie eine dreimonatige PflegeZeit Plus und jährlich zehn Tage für akute Notsituationen vor. Pflegende sollen eine Lohnersatzleistung erhalten und von der Arbeit freigestellt werden.
Der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen liegen weit über 2000 Änderungsanträge zum Wahlprogramm vor. Aber auch darin finden sich keine Aussagen und Forderungen zu Apotheken- und Arzneimittelthemen. Im Mittelpunkt der Parteitages dürfte die Koalitionsfrage stehen. Nach der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein gibt es für die Grünen offenbar eine Alternative zu Rot-Grün – für die sich sowieso keine Mehrheit abzeichnet – und auch zu Rot-Rot-Grün. Ein solches Bündnis ist sowohl in der SPD als auch in der Partei Die Linke als auch bei den Grünen umstritten.
APOTHEKE ADHOC Debatte