Von Maskendeals profitiert? „Nein!“

Vor Gericht: Spahn platzt der Kragen

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Berlin -

Hat er oder hat er nicht? Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wies vor dem Landgericht Osnabrück zurück, mit dem verurteilten Windpark-Betrüger Hendrik Holt über einen möglichen Maskendeal gesprochen zu haben. Er könne sich weder an ein Gespräch noch an eine Begegnung mit dem Mann erinnern, sagte er – und reagierte genervt auf Nachfragen des Richters.

Dem Angeklagten Holt wirft die Staatsanwaltschaft vor, zu Beginn der Corona-Pandemie Ende April, Anfang März 2020 dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) über einen gutgläubigen Mittelsmann Schutzmasken zum Kauf angeboten zu haben zu einem Gesamtkaufpreis von 42 Millionen Euro. Er sei aber nie in der Lage gewesen, diese auch zu liefern. Der Vertrag kam nicht zustande.

Holt wurde im vergangenen Jahr schon einmal verurteilt – damals ging es um Betrug bei Windkraftgeschäften mit ausländischen Energiekonzernen. In der damaligen Verhandlung hatte er unter anderem über eine Begegnung und Gespräche mit Spahn erzählt. So sollen sich der Angeklagte und Spahn im Frühjahr 2020 im Berliner Luxushotel Adlon persönlich getroffen haben, um nicht nur über den Kauf von Coronamasken, sondern auch über Desinfektionsmittel zu reden. In der damaligen Verhandlung sagte der Angeklagte auch, dass Spahn eine persönliche finanzielle Beteiligung an dem Geschäft erwarte.

Es ging also um den in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung entstandenen Eindruck, Spahn könne bestechlich sein. Die Staatsanwaltschaft informierte daraufhin den Politiker, der seinerseits den Angeklagten für diese Behauptung anzeigte.

So erschien der CDU-Politiker am späten Vormittag im Gerichtssaal. Zuvor weigerte er sich, den Saal zu betreten, solange Fotopresse anwesend war. Auch der Richter ließ Kameras im Saal nicht zu, sodass es keine Aufnahmen des Medienprofis Spahn aus dem Gericht gab.

Vier Semester Jura studiert

Dabei wäre das eine Premiere für den CDU-Mann gewesen. „Ich bin heute wirklich zum ersten Mal vor Gericht“, sagte Spahn – wenn man einmal von einem Termin beim Bundesverfassungsgericht absehe. Er habe auch vier Semester Jura studiert, das aber abgebrochen. „Ach, das ist ja interessant. Davon wusste ich gar nichts“, antwortete der Vorsitzende Richter Norbert Carstensen in jovialem Tonfall. So verlief der erste Teil der etwas über eine Stunde dauernden Zeugenvernehmung für Spahn noch ganz entspannt. Das sollte sich aber ändern.

Zuerst schilderte Spahn dem Gericht die Versorgungslage mit Masken im Frühjahr 2020: China, als praktisch einziges Produktionsland, habe zu Beginn der Pandemie den Export gestoppt, auf der ganzen Welt gab es keine medizinische Schutzausrüstung in der notwendigen Menge zu kaufen. Er habe in dieser Zeit jeden Tag Anfragen von Kliniken bekommen. Er habe auch Tausende von Mails mit Angeboten für Maskenlieferungen erhalten. Die habe er aber nicht ernst genommen – in der Regel hätten sich aus den Angeboten nie Lieferverträge ergeben. Zuständig sei ohnehin eine Fachabteilung in seinem Ministerium gewesen; dorthin habe er die Angebote weitergeleitet.

Mail vom DocMorris-Mann

Das Angebot des Angeklagten sei eine dieser Mails gewesen, sagte Spahn. Die Mail war ihm von einem früheren Mitarbeiter einer Versandapotheke geschickt worden, der zu dieser Zeit als eine Art Lobbyist für den heutigen Angeklagten arbeitete. Spahn und dieser Mann kennen und duzen sich. Beide hätten sich in der Jungen Union kennengelernt, sagte Spahn.

Aufgrund der Mails gewänne man den Eindruck, dass zwischen Spahn und dem Mittelsmann ein sehr persönliches Verhältnis bestanden habe, sagte der Richter. „Wir haben vielleicht zwei bis drei Mal im Jahr Textnachrichten ausgetauscht“, sagte Spahn. Er habe das Angebot nicht ernst genommen und eine freundliche Absagemail geschrieben. „Vielleicht war sie so freundlich formuliert, dass man die Absage darin nicht erkannt hat“, räumte er ein.

Warum er die Firma des Angeklagten nicht auf das damalige Maskenbeschaffungsverfahren des Ministeriums hingewiesen habe, fragte Carstensen: „Das wäre noch freundlicher gewesen.“ Immerhin sei das Angebot des Angeklagten günstiger gewesen als die Lieferverträge, die die Bundesregierung später mit anderen Lieferanten schloss.

Spahns Antwort: Er könne sich nicht erinnern, er sei seit anderthalb Jahren kein Minister mehr und habe daher auch keinen Zugriff mehr auf Akten des Ministeriums. Und damals habe er jeden Tag 50 Entscheidungen treffen müssen.

„Aber Herr Spahn!“

Als der Politiker sagt, dass er nicht mehr wisse, ob in den Verträgen von Brutto- oder Nettopreisen die Rede gewesen sei, entfuhr dem Richter ein ungläubiges „Aber Herr Spahn!“ Spahn präzisierte: Damals habe er es natürlich gewusst, nur jetzt, drei Jahre später, wisse er es nicht mehr: „Nur, dass da kein falscher Eindruck entsteht.“

Fragen zu Villenkauf

Als der Richter noch nachbohrt, ob Spahn Beteiligungen an ausländischen Unternehmen habe oder wie er und sein Mann ihre Villa in Berlin finanzierten, platzte dem sichtlich verärgerten Politiker der Kragen: „Ich finde es langsam ehrenrührig, was Sie hier fragen, Herr Vorsitzender!“ Auf die Frage, ob er beim Ankauf von Masken persönlich profitiert habe, sagte Spahn nur ein Wort: „Nein.“

Zum Ende der Vernehmung gab sich Carstensen versöhnlich. „Ich hoffe, dass Sie das nicht persönlich nahmen, aber wir müssen die Wahrheit herausfinden“, sagte er. Spahn verzichtete auf die jedem Zeugen zustehende Erstattung von Kosten und stürmte aus dem Gerichtssaal.

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