Interview Axel Witte (RST)

Von Spahns Paket profitieren große Apotheken

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Berlin -

Mehr Geld für zusätzliche Leistungen – das ist Teil des Pakets, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Apothekern anbietet. Doch Axel Witte, Chef der Steuerberatungsgesellschaft RST, sieht Risiken. Denn schon heute hätten die Apotheken Personalprobleme. Insgesamt hält er den Plan B für eine „Beruhigungspille mit Nebenwirkungen“.

ADHOC: Was würde die Umsetzung der Pläne für die Apotheken bedeuten?
WITTE: Im Detail lässt sich das noch schwer abschätzen, aber man kann es hochrechnen. Wenn der Versandhandel von heute 1 Prozent auf dann 5 Prozent wachsen würde, kostet das jede Apotheke im Durchschnitt 15.000 Euro – aus dem Rohertrag wohlbemerkt. Und dabei reden wir nur von Rx-Geschäft. Wenn die Rezepteinlösungen, was zu erwarten wäre, weitere OTC-Käufe mitziehen, wachsen die Verluste entsprechend an.

ADHOC: Als Kompensation bekommen die Apotheken mehr Honorar.
WITTE: Jetzt suggeriert man, dass das über den Notdienst, die BtM-Dokumentation und vor allem zusätzliche Dienstleistungen ausgeglichen wird. Rechnerisch bekommt jede Apotheke demnach tatsächlich etwa 19.000 Euro mehr. Den Zuschlag bei der Notdienstpauschale kann man als steuerfreien Zuschuss rechnen, das sind etwa 6000 Euro pro Apotheke. Doch die rund 12.000 Euro pro Apotheke für neue Dienstleistungen müsste man schon als Netto-Wert rechnen, wenn man es sauber vergleichen will.

ADHOC: Rechnen Sie doch mal.
WITTE: Der Katalog der möglichen Dienstleistungen ist ja noch nicht festgelegt. Aber wenn wir davon ausgehen, dass zum Beispiel bestimmte Präventionsmaßnahmen im Rahmen der Raucherentwöhnung oder Impfberatung dabei sind, dann verursacht das Kosten. Dafür benötigen die Inhaber Personal, das sie schon heute kaum finden und das sie für die zusätzlichen Aufgaben auch schulen müssen. Wenn man von 30 Prozent Personalkosten im Dienstleistungssektor ausgeht, fehlen jeder Apotheke schon wieder ein paar tausend Euro. Das ist ein ganz gefährliches Spiel, eine Beruhigungspille mit Nebenwirkungen.

ADHOC: Ist es nicht perspektivisch nützlich, neue Einnahmequellen zu erschließen?
WITTE: Natürlich ist es das. Aber um Dienstleistungen zu verkaufen oder anzubieten, benötigt eine Apotheke möglichst viele Kunden. In ländlichen Gebieten hat eine Apotheke jedoch typischerweise weniger Kunden mit überdurchschnittlich hohen Umsätzen. Und sie betreibt oft mit viel Aufwand einen umfangreichen Botendienst. Für Dienstleistungen benötigt man die Kunden aber in der Apotheke. Ich sehe die Gefahr, dass je nach Ausgestaltung vor allem die großen Apotheken unterstützt werden.

ADHOC: Also doch keine Dienstleistungen?
WITTE: Dienstleistungen sind der richtige Weg, wenn sie gut umsetzbar sind und anständig bezahlt werden. Minister Spahn hatte auf dem Apothekertag im Oktober doch gesagt, dass er die Apotheker in die Diskussion einbeziehen möchte. Aber wenn man jetzt die Reaktionen auf den Vorschlag aus dem BMG sieht, gewinnt man den Eindruck, da ist nichts gekommen. Dabei gibt es im Ausland so viele Ideen für zusätzliche Leistungen von Apothekern. Das hätte die ABDA aus meiner Sicht viel früher annehmen müssen, um diesen Bereich mit eigenen Vorschlägen zu gestalten. Stattdessen wurden die Augen davor verschlossen, was eigentlich seit Langem klar ist: Dass sich bisher die Gesundheitsminister außer schönen Sonntagsreden bezüglich der Nichtdurchsetzung des Rx Versandhandelsverbots darauf zurückziehen, dass die SPD nicht mitmache.

ADHOC: Dafür sollen Rx-Boni ausländischer Versender bei 2,50 Euro begrenzt werden.
WITTE: Wenn das als juristisch haltbar angesehen wird, frage ich mich, warum man es nicht mit dem Rx-Versandverbot versucht. Und was aus der Idee geworden ist, dass die Krankenkassen die Boni kassieren. Das hätte zwar auf Kassenseite das Interesse an diesem Versorgungsweg gesteigert, aber das hätte man über ein Verbot von Selektivverträgen regeln können, wie es ohnehin vorgesehen ist. Jetzt überrollt der Versandhandel, insbesondere der ausländische Versandhandel, die Apotheken weiter, das ist vorprogrammiert. Eine Steigerung auf 5 Prozent Marktanteil würde einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro entsprechen, und nochmal, da sprechen wir nur vom Rx-Geschäft.

ADHOC: Hat sich die ABDA mit der Honorarerhöhung Zeit erkauft?
WITTE: Das kann man so sehen, immerhin springt der Versandanteil ja nicht sofort auf 5 Prozent. Allzu lange dürfte das aber nicht dauern, wir erwarten ein exponentielles Wachstum in den nächsten Jahren. Auf der anderen Seite wird ja auch die Entwicklung des geplanten Dienstleistungsangebots Zeit brauchen. Das muss ertragsbringend kalkuliert sein, bevor der Apothekerverband anfängt, das Geld zu verteilen. Beim Notdienstfonds hat man gesehen, dass so etwas nicht über Nacht geht. Also ich würde sagen, viel Zeit haben die Apotheker nicht gewonnen.

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