Bei der Beratung des Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) im Bundestag drückt die Regierungskoalition nach langem Abwarten jetzt aufs Tempo: Nach der Einbringung und 1. Lesung am Freitag, 11. September, findet am 16. September bereits die Anhörung im Gesundheitsausschuss statt. Die Verabschiedung im Bundestag ist noch für den Oktober geplant. Dann könnte der Bundesrat am 27. November das VOASG endgültig verabschieden.
In der Anhörung des Gesundheitsausschusses stehen neben dem Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung von Vor-Ort-Apotheken“ auch der Antrag der Fraktion der FDP „Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln gewährleisten – Produktion in Europa stärken“, die beiden Anträge der Fraktion Die Linke „Arzneimittelversorgung sicherstellen – Lieferengpässe wirksam bekämpfen“ und „Gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung erhalten – Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbieten“ sowie der Antrag der Fraktion der Grünen „Sicherung einer patientennahen und bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung durch Apotheken“ zur Diskussion. Die 2. und 3. Lesung des VOAG soll am 28. oder 29. Oktober stattfinden.
Die Anhörung wird 90 Minuten dauern und startet um 14 Uhr. Interessant ist die Liste der geladenen Sachverständigen: Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, Iris an der Heiden vom Iges-Institut und Professor Dr. Sebastian Kluckert (Bergische Universität Wuppertal). Douglas ist ein Verfechter des Rx-Versandverbotes und hat beispielsweise Pharmaziestudent Benedikt Bühler mit seiner Rx-VV-Petition vor dem Petitionsausschuss des Bundestages vertreten. Allerdings tritt er auch für geringfügige Boni ein – sein Vater hatte in seiner Apotheke in Freiburg selbst den „Douglas-Taler“ etabliert.
Gutachterin an der Heiden wurde bekannt als Mitautorin des 2hm-Gutachtens im Auftrag des Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), dass den Apotheken vorrechnete, dass das Honorar drastisch gekürzt werden müsste. Insgesamt wollten die Gutachter rund eine Milliarde Euro beim Apothekenhonorar einsparen. Diese Summe schockte die Apothekerwelt. Als neues und ausreichendes Fixhonorar schlug 2hm damals 5,80 Euro statt 8,35 Euro vor. Denn pro Arzneimittelpackung fielen durchschnittlich nur fünf bis sieben Minuten Beratungszeit an, pro Rezept elf Minuten. Inzwischen arbeitet an der Heiden für das Iges-Institut. Dieses beauftrage Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit einer Analyse zur Auswirkung der Preisbindung auf den Apothekenmarkt. Aus der Anwesenheit an der Heidens lässt sich schließen, dass das Gutachten inzwischen fertiggestellt wurde und in der Anhörung zur Sprache kommen soll.
Einer schnellen Verabschiedung des VOASG will auch die SPD nicht im Wege stehen. Dem Vernehmen nach will sie das Thema aus dem Wahlkampf im kommenden Jahr heraushalten und ist daher bereit, auch dem im VOASG enthaltenen Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich zuzustimmen. Offen ist aber noch, ob Spahn bis zu Anhörung einen entsprechenden Deal mit der EU-Kommission auf den Tisch legen kann. Die Beratung des VOASG war im letzten Herbst mit dem Argument auf Eis gelegt worden, dass zunächst das Votum aus Brüssel zum geplanten Rx-Boni-Verbot abgewartet werden sollte.
In der SPD ist man inzwischen der Ansicht, dass das Rx-Boni-Thema mit der Einführung des E-Rezepts ab 2021 an Bedeutung für die Versandapotheken verloren hat, da ab dann der Nachteil der Rezeptzusendung per Post entfällt. Außerdem hat DocMorris bereits angekündigt, auf E-Rezepte keine Boni mehr zu gewähren.
Mittragen will die SPD auch die Honorierung des Botendienstes mit 2,50 Euro. Das sei besonders auf dem Lande ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Arzneimittelversorgung, heißt es dort. Dem Vernehmen nach will die SPD das Botendiensthonorar im Umfang von 75 Millionen Euro nicht mit den angekündigten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen im Wert von 150 Millionen Euro verrechnen, sondern „on top“ gewähren.
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