Die niederländische Versandapotheke Vitalsana darf nach einem Urteil des Landgerichts Ulm vom 13. August Boni beim Kauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel gewähren. Aus Sicht der Richter hat die Annahme der Gutscheine nichts mit deren späterer Einlösung im Drogeriemarkt zu tun.
Gegenstand des Rechtsstreits sind sogenannte „Schlecker-Gutscheine“ von Vitalsana: Die Versandapotheke gewährt ihren Kunden für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel eine Gutschrift von 3 Euro, die auch in den Filialen oder auf der Website der Drogeriemarktkette eingelöst werden können. Gegen das Bonussystem hatte der Bayerische Apothekerverband (BAV) geklagt.
Vitalsana hatte vorgetragen, dass die Gutscheine „vornehmlich bei Drittunternehmen wie z.B. der Drogeriemarktkette Anton Schlecker“ eingelöst würden; wenn überhaupt. Der Preiswettbewerb werde daher nicht nur von Rx-Arzneimitteln auf nicht preisgebundene Produkte verlagert, „sondern auch von der Apotheke auf den Drogeriemarkt“, so die Schlecker-Tochter Vitalsana. Finanzielle Vorteile hätten die Patienten erst beim Zweitkauf, der „keinerlei Bezug mehr zu dem Erstkauf“ habe.
Diesem Argument folgten die Richter. Auch ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) liege nicht vor, da kein bestimmtes Arzneimittel konkret beworben werde. Die Gewährung von Boni sei schließlich kein unlauterer Wettbewerb - eine übermäßige Beeinflussung der Patienten sei nicht zu erkennen.
Die Richter ließen offen, ob sich ausländische Versandapotheken an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung halten müssen und ob diese europarechtskonform ist. Vitalsana hatte beides im Verfahren bestritten. Eine Umgehung der Preisbindung liegt den Richtern zufolge jedenfalls nicht vor: Der Zweck der Preisbindung - eine flächendeckende Arzneimittelversorgung - werde durch das Gutscheinsystem „nicht in relevanter Weise tangiert“. Viele Patienten würden ihre Arzneimittel nach wie vor von inländischen Präsenzapotheken beziehen.
Einer Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes in einer ähnlichen Fragestellung hatten die Richter nicht zugestimmt. Das LG-Urteil ist noch nicht rechtskräftig, beim OLG Stuttgart ist ein Berufungsverfahren anhängig.
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