„Verbot könnte nach hinten losgehen“ APOTHEKE ADHOC, 17.06.2013 10:55 Uhr
Bonustaler und Gutscheine bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel soll es künftig nicht mehr geben. Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas warnt davor, dass das von der Regierung geplante Rx-Boni-Verbot sein Ziel verfehlen könnte: „Dieser Schuss kann nach hinten losgehen“, sagt Douglas mit Verweis auf europäisches Recht.
Da das Gesetz nur auf rabattähnliche Vergünstigungen abziele, werde eine Reihe von Folgefragen wieder von den Gerichten geklärt werden müssen, so Douglas. Dazu zählt, ob das Verbot auch für Vergünstigungen gilt, die keinen geldwerten Charakter haben wie Zahnbürsten, Handcrèmes oder Zeitschriften.
Fraglich seien zudem Boni, die nicht ausschließlich bei der Einlösung von Rezepten gewährt würden, erklärt Douglas. Vermutlich werde es außerdem Modelle geben, bei denen Dritte die Vergünstigung gewährten, erwartet der Rechtsanwalt. Hier werde zu klären sein, ab wann es sich um eine Umgehung handelt.
Der Gesetzgeber will mit der Klarstellung eigentlich eine Lücke schließen. Rechtssicherheit werde es trotzdem nicht geben, so Douglas. Nachdem sich zuletzt vor allem die Berufsgerichte mit der Frage der Spürbarkeit von Boni befasst hatten, werden neue Streitigkeiten um das Generalverbot jetzt wieder vor den Zivilgerichten landen: „Es wird eine Vielzahl neuer Verfahren zu erwarten sein“, so Douglas.
Der Anwalt der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen verweist auf die Möglichkeit, dass eines der Landgerichte die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen könnte. Das Boni-Verbot würde dann in Luxemburg entschieden werden.
Im deutschen Recht ist das Boni-Verbot im Heilmittelwerberecht (HWG) verankert. „Das HWG geht auf europäisches Recht zurück und führt zu einer Vollharmonisierung in Europa. Das heißt, es dürfen nur Dinge verboten werden, die auch nach europäischem Recht verboten werden dürfen“, erklärt Douglas.
Ein Boni-Verbot kenne das europäische Recht allerdings nicht. Deshalb sei völlig offen, wie der EuGH in einem solchen Fall entscheiden würde, so Douglas.
„Der EuGH könnte zu dem Ergebnis kommen, dass die Nationalstaaten keine Befugnis haben, eine so weitgehende Beschränkung der Apotheken im Wettbewerb um Kunden zu normieren. Dies hätte zur Folge, dass Apotheken in Zukunft vielleicht in viel größerem Maße Vergünstigungen bei der Einlösung von Rezepten gewähren können“, so der Rechtsanwalt.
Douglas war selbst an den großen Verfahren um Rx-Boni beteiligt: Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte er eine Apothekerin gegen die Europa Apotheek Venlo (EAV) vertreten. In dieser Sache hatte letztlich der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte entschieden, dass sich auch ausländische Versandapotheken an die Arzneimittelpreisverordnung halten müssen. Zuletzt hatte er mehrere Guten-Tag-Apotheker in berufsrechtlichen Verfahren verteidigt.