Im Streit um die Impfstoffversorgung in Baden-Württemberg herrscht Eiszeit. Die Fronten zwischen Krankenkassen, Ärzten und dem Landesapothekerverband (LAV) sind verhärtet. AOK und Kassenärztliche Vereinigung (KV) haben alle Gesprächsangebote verstreichen lassen. Der Streit muss offenbar vor Gericht entschieden werden.
Seit Januar gelten im Ländle die ersten Rabattverträge über Impfstoffe. Die Kassen haben mit den Ärzten vereinbart, statt einer namentlichen Verordnung des rabattierten Arzneimittels nur „Impfstoff gegen ...“ zu verschreiben. Die Apotheker müssen dann händisch heraussuchen, welcher Hersteller in jeweiligen Losgebiet einen Zuschlag bekommen hat.
Doch jenseits des Mehraufwands sieht man beim Apothekerverband juristische Probleme: „Wir haben erhebliche rechtliche Bedenken, weil eine produktneutrale Verordnung nicht der Arzneimittelverschreibungs-Verordnung entspricht“, sagt LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth. Apotheker dürften solche Rezepte daher nicht beliefern.
Sie kritisiert auch, dass die neue Regelung allein zu Lasten der Apotheker geht: „Man will die Ärzte aus dem Haftungsrisiko nehmen und das Risiko voll auf die Apotheker verlagern. Dagegen wehren wir uns.“ Es wäre schließlich leicht gewesen, den Medizinern je nach Losgebiet den rabattierten Impfstoff mitzuteilen, so Hofferberth.
Laut AOK vereinfacht die Vereinbarung dagegen die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Arzt und Apotheke; die Regelung komme daher auch den Apotheken zugute: „Warum der LAV sich bemüht, dies zu verhindern, ist nicht erkennbar“, sagt ein Sprecher. Würde man auf die indirekte, nicht-namentliche Verordnung verzichten, bedeutete dies einen erheblichen Mehraufwand.
Die KV will ihren Mitgliedern mit der Vereinbarung den Umgang mit den Rabattverträgen erleichtern. „Eine abschließende Klärung dieser Auseinandersetzung steht noch aus“, räumt KV-Vorstand Dr. Norbert Metke aber ein.
Sowohl in den Praxen als auch in den Apotheken führt die Regelung zu zeitlichen Verzögerungen: „Die Versorgung ist relativ chaotisch, weil die meisten Verordnungen, wenn sie produktneutral sind, nicht sofort beliefert werden können, sondern erst Kontakt zum Arzt aufgenommen werden muss“, so Hofferberth.
Bei den Apothekern als auch bei den Ärzten herrscht laut Hofferberth Unmut. „Die Stimmung zwischen den drei Beteiligten ist der Witterungslage entsprechend sehr eisig“, so Hofferberth.
Das Sozialgericht Stuttgart soll nun über die Vereinbarung entscheiden. Das Urteil wird laut Hofferberth keine Auswirkungen auf Regelungen in anderen Bundesländern haben. Das Verfahren in Baden-Württemberg sei einmalig. „In anderen Landesteilen wurden dreiseitige Vereinbarungen geschlossen – was wir uns auch gewünscht hätten“, so Hofferberth.
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