Fremdbesitzverbot nach den Regeln der FDP Lothar Klein, 05.05.2017 13:20 Uhr
Über den Beschluss des FDP-Parteitages zur Abschaffung des Fremdbesitzverbotes reiben sich manche immer noch die Augen. Andere fühlen sich überrumpelt oder wollen sich sogar vom Beschluss absetzen: Alles nicht so gemeint. Dabei gibt es keinen Anlass für Verschwörungstheorien. Der Beschluss hat sich auch nicht irgendwie ins Wahlprogramm der FDP hinein geschmuggelt. Er war von langer Hand vorbereitet und ist nach den Regeln der FDP-Geschäftsordnung für Parteitage zustande gekommen.
Daran ändert auch die etwas hektisch und unübersichtlich verlaufende Beratung der Anträge zum Kapitel Arzneimittelversorgung nichts. Der Antrag mit der Nummer 194 zum Fremdbesitzverbot lag den 662 FDP-Delegierten wochenlang vor. Damit ein Antrag in das Antragsbuch zum Parteitag aufgenommen werden kann, ist er laut FDP-Satzung „spätestens vier Wochen vor dessen Beginn schriftlich bei der Bundesgeschäftsstelle einzureichen“. Das ist in diesem Fall geschehen. Denn ausweislich des Antragsbuches wurde Antrag 194 vom FDP-Landesverband Bayern, namentlich von Albert Duin, gestellt. Albert Duin ist seit 2013 Landesvorsitzender der FDP im Freistaat.
Ist ein Antrag eingegangen, muss er binnen einer Woche den Delegierten zugeleitet werden. Also hatten die Delegierten mindestens drei Wochen Zeit, sich damit zu befassen und darauf vorzubereiten. In der Zwischenzeit kümmert sich in der FDP die Antragskommission darum. Deren Aufgabe ist es laut FDP-Satzung dem Plenum vorzuschlagen, wie die Anträge behandelt werden sollen. Ob sie beispielsweise ohne mündliche Aussprache zur Abstimmung gestellt werden.
Den Antrag zum Fremdbesitzverbot hat die Antragskommission als „übernommen“ qualifiziert. Damit soll der Satz: „Weitere Markthemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden“ ohne Abstimmung ins Wahlprogramm übernommen werden. Wer das verhindern will, hätte auf dem FDP-Parteitag einen Gegenantrag stellen müssen. Das war nicht der Fall. Das „Übernehmen“ von Anträgen ist ein gängiges Verfahren und keine Überrumpelungstaktik: Immerhin 80 der rund 300 Anträge zum Wahlprogramm wurden so abgehandelt.
Laut FDP-Insidern werden Anträge, die auf diese Weise in das Wahlprogramm übernommen werden, nicht nur von der Antragskommission geprüft. Es findet zuvor eine interne Abstimmung mit der Parteiführung statt.
Die Antragskommission besteht aus sechs Personen und wird alle zwei Jahre vom Parteitag gewählt, zuletzt 2015. Geleitet wird die Antragskommission von Dr. Klaus Lindeiner von der FDP Bayern. Mitglieder sind zudem Bernd Buchholz vom FDP-Verband Schleswig-Holstein. Mit dabei war auch Johannes Vogel, Generalsekretär der NRW-FDP. Vogel verfügt über einen kurzen Draht zu NRW-Landes- und FDP-Parteichef Christian Lindner. Man kann daher davon ausgehen, dass Lindner über den Fremdbesitzantrag informiert war.
Ebenfalls in der Antragskommission arbeitet Charlotta Eskilsson von der Stuttgarter FDP. Daher hätte auch der FDP-Landesverband Baden-Württemberg informiert sein können. Immerhin hat dieser einen Gegenantrag zur Prüfung eines Rx-Versandverbotes gestellt. Außerdem arbeitet im Landesverband Baden-Württemberg die engagierte Apothekerin Andrea Kanold. Des weiteren sitzen in der Antragskommission die FDP-Mitglieder Gisela Pilz aus NRW und Dr. Johannes Weise, Generalsekretär der FDP von Mecklenburg-Vorpommern.
Laut FDP-Satzung kann im Laufe der Aussprache zu jedem Punkt der Tagesordnung von jedem einzelnen Delegierten ein Änderungsantrag gestellt werden. Warum das zum Antrag 194 zum Fremdbesitz nicht geschehen ist, müssen sich die Beteiligten daher selbst fragen, auch und vor allem die vereinzelt anwesenden Apotheker.
In der Antragsberatung wurde zunächst der Gegenantrag Baden-Württembergs zur Prüfung eines Rx-Versandverbots mit 73 Prozent der Stimmen abgelehnt. Abgelehnt wurde auch Antrag 191. Übernommen ohne Aussprache wurde in Antrag 192 eine redaktionelle Änderung. Antrag 193 wurde abgelehnt, und dann der Antrag 194 von der Sitzungsleiterin als „übernommen“ durchgewinkt. Das Wort „Fremdbesitzverbot“ fiel in der Antragsberatung kein einziges Mal.