AMG-Novelle

vfa moniert „unausgewogenen Schnellschuss“ Lothar Klein, 21.11.2018 12:30 Uhr

AMG-Novelle: Licht und Schatten sieht vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer im geplanten Gesetz für eine sichere Arzneimittelversorgung (GSAV) Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Licht und Schatten sieht der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) im geplanten Gesetz für eine sichere Arzneimittelversorgung (GSAV): Die darin enthaltene Stärkung der Kompetenzen von Bundes- und Landesbehörden hält der vfa für „erfolgversprechend“. Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplanten neuen Regelungen für Orphan Drugs gegen seltene Erkrankungen bewertet der Verband dagegen als „unausgewogenen Schnellschuss“.

Das Thema Arzneimittelsicherheit sei tatsächlich von „zentraler Bedeutung“, kommentiert vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer den Gesetzesentwurf. „Die Länder werden in ihren Kontrollbefugnissen gestärkt, der Bund bei der Koordination: Vor allem der Informationsfluss, die Informationsbündelung und die Informationsbewertung in kritischen Situationen und bei Gefahr in Verzug muss besser werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) haben die Kompetenz und die Glaubwürdigkeit, um die Arzneimittelsicherheit in Deutschland in Gefahrensituationen vor einem behördlichen Informations-Wirrwarr zu bewahren“, so Fischer weiter.

Die vfa-Geschäftsführerin sieht aber andere Teile des Gesetzesentwurfes kritisch: „So sehr die Richtung beim Thema Arzneimittelsicherheit stimmt, so unverhältnismäßig und problematisch sind die geplanten Neuregelungen bei biotechnologischen Nachahmerprodukten (Biosimilars): Der automatische Austausch von Biopharmazeutika in der Apotheke geht an medizinischen Notwendigkeiten vorbei, untergräbt die passende Arzneimitteltherapie für Patienten und beschneidet die Therapiehoheit des Arztes.“

Besondere Sorge hat die vfa-Hauptgeschäftsführerin bei einem weiteren Punkt: „Bei Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) droht ein Schnellschuss, der nach Entschlossenheit klingt, aber nach hinten los gehen kann. Denn bewährte und von Patienten, Ärzten, Wissenschaftlern und Industrie mitgetragene Förderregelungen werden in dem besonders sensiblen Bereich der Orphan Drugs geändert. Niemand weiß, wie sich das in Zukunft auf die Arzneimittelversorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten in Deutschland auswirkt. Und auch die Effekte auf die Medikamentenentwicklung im Bereich der Orphan Drugs sind unabsehbar.“

Bis zum 14. Dezember haben nun die Verbände Zeit, ihre Anmerkungen zum GSAV-Referentenentwurf schriftlich zu Protokoll zu geben. Kurz vor Weihnachten, am 17. Dezember, findet dazu im BMG eine Anhörung der Verbände statt. Anschließend will Spahn den Kabinettsentwurf vorlegen.

Nach dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) bereits reagiert und „durchaus gute Ansätze“ gefunden. Doch manche darin enthaltenen Maßnahmen trügen gerade nicht zu einer höheren Patientensicherheit bei. Andere wichtige Maßnahmen fehlten. Auf Zustimmung stößt auch beim BAH die Koordinierungsfunktion und Rückrufkompetenz der Bundesoberbehörden bei Arzneimittelproblemen. Dadurch ließen sich unter anderem Rückrufe effektiver durchführen und etwaige Engpässe vermeiden.

Wie der vfa sieht der BAH den Austausch von Biosimilars zu forcieren kritisch: „Biologische Arzneimittel sind um ein Vielfaches komplexer als chemisch definierte. Zur Arzneimitteltherapiesicherheit gehört, dass Nebenwirkungsmeldungen eindeutig identifizierbar und zurückzuverfolgen sind. Das muss Vorrang vor allen Sparmaßnahmen haben. Eine Substitution, ohne dass der behandelnde Arzt eine solche angeordnet hat, gefährdet die Patientensicherheit.“