Tierarzneimittel

KPMG: Pro und contra Dispensierrecht

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Berlin -

Zur Eindämmung des Antibiotika-Einsatzes in großen Mastanlagen soll das Dispensierrecht der Tierärzte auf den Prüfstand kommen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will Vor- und Nachteile der jetzigen Praxis überprüfen, wonach Veterinäre Arzneimittel direkt an Bauern verkaufen können. Laut einem Gutachten im Auftrag des Ministeriums würde eine Abschaffung

des Sonderrechts Verkaufsanreize der Tierärzte auflösen. Wegen längerer

Vertriebswege über Apotheken könnte dies aber „Risiken für die

Tiergesundheit“ mit sich bringen.

Das Dispensierrecht für Tierärzte sei vor dem Hintergrund einer zunehmenden Gefährdung von Mensch und Tier durch Antibiotikaresistenzen in die Diskussion geraten, heißt es beim BMEL. Die Praxis wurde schon im vergangenen Jahr diskutiert, nachdem das EU-Parlament vorgeschlagen hatte, das Dispensierrecht im Bereich der antimikrobiellen Veterinärarzneimittel einzuschränken.

Der Bundesrat hatte die Bundesregierung im Zuge der Verabschiedung der 16. AMG-Novelle aufgefordert, eine Einschätzung vorzulegen, ob die Praxis in der heutigen Form Bestand haben kann. Das BMEL hatte daraufhin das Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG mit einem entsprechenden Gutachten beauftragt.

Als Vorteil der derzeitigen Praxis hat sich demnach herauskristallisiert, dass sie sicherstellt, „dass alle Komponenten einer ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren schnellstmöglich durch die Person mit der höchsten formalen Qualifikation erfolgen“. Für den Tierhalter habe dies den Vorteil, dass er alle Leistungen aus einer Hand erhalte und keinen weiteren Aufwand habe. Zudem würde vom Tierarzt die exakt zugeschnittenen Mengen an Arzneimitteln ausgegeben, und die Aufsicht könne die Überwachung bei nur einem Akteur bündeln.

Andererseits setze das Dispensierrecht Anreize, die als wesentliche Nachteile diskutiert würden: Es ermögliche es Tierärzten, am Verkauf von Tierarzneimitteln zu verdienen. Dadurch bestehe ein ökonomisches Motiv, Arzneimittel zu verkaufen. „Darüber hinaus führt die Gewährung von Rabatten beim Einkauf größerer Mengen von Tierarzneimitteln dazu, dass Tierärzte einen wirtschaftlichen Anreiz haben, große Mengen kostengünstiger zu beziehen und hierdurch die Gewinnmarge auszuweiten“, heißt es in dem Gutachten.

Der Abschaffung des Dispensierrechts stehen die Autoren des Gutachtens kritisch gegenüber. Dadurch würde sich zwar das Verordnungsverhalten ändern, allerdings würde sich die ökonomische Situation von Tierärzten „deutlich verschlechtern“. Es bestehe das Risiko, dass ein Teil der Ärzte den Praxisbetrieb einstelle.

Für die Apotheken käme eine potentielle zusätzliche Einnahmequelle hinzu, die jedoch Umstellungskosten und besondere Dokumentationspflichten mit sich brächte. Der Tierarzneimittelvertrieb sei daher für einige Apotheken kein attraktives Geschäftsfeld. Für die Tierhalten könnten durch den erweiterten Vertriebsweg weitere Kosten entstehen. „Es wird erwartet, dass Tierhalter zunehmend auf Bestellungen und Internethandel ausweichen“, so die Gutachter.

Sie befürchten außerdem, dass durch die Trennung von Verschreibung und Verkauf Verzögerungen entstehen können, die sich negativ auf die Tiergesundheit auswirken können, etwa weil Krankheiten von Einzeltieren auf weitere Tiere einer Herde übertragen werden. Außerdem müsse beachtet werden, dass Apotheken möglicherweise vermehrt Standardpackungsgrößen abgeben würden. Durch eine unsachgemäße Handhabung der entstehenden Arzneimittelrestbestände könnten Tiergesundheitsrisiken entstehen.

„Zu beachten ist, dass Pharmazeuten keinen tiermedizinischen oder veterinärpharmakologischen Hintergrund haben, so dass gegebenenfalls eine weitere Qualifikation erforderlich sein kann, um die bisherige Beratungsqualität aufrecht zu erhalten“, heißt es in dem Gutachten.

Der Ausschluss von Antibiotika vom tierärztlichen Dispensierrecht hätte aus Sicht der Experten „wesentlich geringere Auswirkungen“ als die gesamte Abschaffung des Dispensierrechts. „Zu beachten ist allerdings, dass der verlängerte Vertriebsweg gerade bei antibakteriell wirksamen Stoffen, die zur Behandlung infektiöser Erkrankungen und deren Eindämmung dienen, die Tiergesundheit gefährden kann.“

Bei einem Treffen am 4. Dezember soll auf Basis des Gutachtens mit allen betroffenen Interessengruppen grundlegend über die Regelung diskutiert werden, erklärte das Ministerium.

Starker Einsatz von Medikamenten in Ställen wird seit langem kritisiert. Antibiotika sollen generell weniger verwendet werden, um zu verhindern, dass sie auch bei Menschen nicht mehr wirken.

2013 wurden insgesamt rund 750 Millionen Euro mit Tierarzneimitteln umgesetzt. In den Apotheken spielen nur wenige Produkte eine Rolle, darunter Frontline (Merial) sowie Advantage und Droncit (Bayer).

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