Die Arzneimittelausgaben sind in den ersten neun Monaten nur in geringem Umfang gewachsen, Grund ist das seit Februar geltende Spargesetz. Selbst die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind bereinigt um Sondereffekte stärker gestiegen.
Insgesamt sind die Leistungs- und Verwaltungsausgaben der Kassen bis Ende September um 4,9 Prozent gestiegen; betrachtet man nur die reinen Leistungsausgaben, sind es 5,2 Prozent. „Hierbei schlägt sich der Inflationsdruck im Gesundheitswesen zunehmend auch in den regelhaften Vergütungsanpassungen in den verschiedenen Leistungsbereichen nieder“, so das Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Allerdings sind nicht alle Bereiche gleichermaßen betroffen.
Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen entwickeln sich mit 6,9 Prozent weiterhin äußerst dynamisch. Ursächlich für die im Vergleich zu den vergangenen Jahren hohe Veränderungsrate ist laut BMG die Kombination aus einer sehr dynamischen Preiskomponente, steigenden Fallzahlen sowie erneut stark gestiegenen Ausgaben für Pflegepersonalkosten. Zudem sei ein sehr hoher Ausgabenanstieg von fast 14 Prozent für stationär psychiatrische Krankenhausleistungen zu beobachten.
Die Aufwendungen für die Versorgung mit Arzneimitteln stiegen dagegen nur um 2,5 Prozent. Hier wirkt laut BMG insbesondere die befristete Erhöhung des gesetzlichen Herstellerabschlags durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) dämpfend.
Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen stiegen um 1,1 Prozent. Dämpfend wirkte hier laut BMG unter anderem der deutliche Rückgang von Corona-spezifischen Abrechnungsziffern etwa für Testungen.
Stark gestiegen sind die Ausgaben für Schutzimpfungen mit 15,9 Prozent, hier sind insbesondere auf die Ausgaben für die Abgabe von Impfstoffen gegen Gürtelrose und FSME stark gewachsen.
Die Ausgaben für die häusliche Krankenpflege wuchsen um 12,9 Prozent, die für Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen mit 9,6 Prozent. Hier gab es nach den pandemiebedingten Einbrüchen der vergangenen Jahre schon 2022 eine überdurchschnittliche Dynamik. Die ungewöhnliche Dynamik bei der häuslichen Krankenpflege dürfte laut BMG primär im Tariftreuegesetz begründet sein, das am 1. September 2022 in Kraft trat.
Die Ausgaben für zahnärztliche Behandlungen ohne Zahnersatz sind mit 6,4 Prozent kräftig angestiegen. Hier ist bis zum Jahresende mit einem deutlichen Abflachen zu rechnen, da der Gesetzgeber mit dem GKV-FinStG ausgabenbegrenzende Vorgaben gemacht hat.
Die Verwaltungskosten der Kassen reduzierten sich um 1,0 Prozent, was allerdings laut BMG maßgeblich auf die im Vorjahr gebildeten hohen Altersrückstellungen einer einzelnen Krankenkasse zurückzuführen ist. Ohne Berücksichtigung von Altersrückstellungen stiegen die Verwaltungskosten um 4,0 Prozent.
Bei der Interpretation der Daten der ersten neun Monate ist laut grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, noch von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen.
Die 96 gesetzlichen Krankenkassen haben in den ersten drei Quartalen ein Defizit von rund 1 Milliarde Euro verbucht. Dieses hängt laut BMG maßgeblich mit der Verpflichtung des Gesetzgebers im Rahmen des GKV-FinStG zusammen, im Jahr 2023 insgesamt 2,5 Milliarden Euro aus den Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abzuführen. Für die ersten drei Quartale ergibt sich ein Betrag von rund 1,9 Milliarden Euro, ohne den die Kassen einen Überschuss von rund 900 Millionen Euro erzielt hätten.
Die Finanzreserven der Krankenkassen beliefen sich zum Ende der ersten neun Monate mit 9,3 Milliarden Euro beziehungsweise rund 0,4 Monatsausgaben weiterhin auf das Zweifache der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve.
„Die Finanzkennzahlen bis Ende September zeigen, dass es uns mit dem Finanzstabilisierungsgesetz gelungen ist, die Finanzsituation der GKV zu stabilisieren“, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Ohne das Gesetz wäre ein Defizit von 17 Milliarden EUR zu erwarten gewesen. Jetzt sind die Haushalte weitgehend ausgeglichen. Das Restdefizit der Krankenkassen ist aufgrund der Abführung von Kassenvermögen an den Gesundheitsfonds auch erwartet worden. Auch die Krankenkassen leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung der GKV-Finanzen. Ziel unserer Politik bleibt es, die Qualität der medizinischen Versorgung für die Patientinnen und Patienten zu verbessern ohne Leistungskürzungen für den Bürger.“
Den Einnahmen der Krankenkassen in Höhe von 227,2 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 228,1 Milliarden Euro gegenüber, hiervon 1,9 Milliarden Euro für die Vermögensabgabe. Im gleichen Zeitraum wuchs die Versichertenanzahl in der GKV um 1 Prozent auf 74,2 Millionen. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz zum Quartalsende lag mit 1,51 Prozent leicht unterhalb des Ende Oktober 2022 für das Jahr 2023 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,6 Prozent.
Die Innungskrankenkassen erzielten einen Überschuss von 76 Millionen Euro und die nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmende Landwirtschaftliche Krankenkasse einen Überschuss von 3 Millionen Euro. Defizite erzielten hingegen die Ersatzkassen mit 606 Millionen Euro, die Allgemeinen Ortskrankenkassen mit 199 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen mit 144 Millionen Euro sowie die Knappschaft mit 96 Millionen Euro.
Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 16. Januar über eine Liquiditätsreserve von 12 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete im 1. bis 3. Quartal ein Defizit von 6,9 Milliarden Euro. Der größere Teil dieses Defizits ist laut BMG saisonüblich. So fließen die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatliche Zuweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen, während die Einnahmen unterjährig erheblich schwanken und insbesondere im 4. Quartal aufgrund der Verbeitragung von Jahressonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld höher ausfallen.
Ein Teil des Defizits resultiert laut BMG allerdings aus einer Maßnahme des GKV-FinStG: Durch die Absenkung der Obergrenze der Liquiditätsreserve werden zusätzliche Mittel an die Krankenkassen ausgeschüttet, um die Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen zu stabilisieren.
Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,6 Prozent. Verantwortlich für die außerordentlich gute Einnahmenentwicklung sind laut BMG insbesondere die zuletzt inflationsbedingt kräftigen Lohnsteigerungen. Auch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde zum 1. Oktober 2022 sowie der Abbau der Kurzarbeit wirken sich positiv auf die Lohnentwicklung aus. Vor diesem Hintergrund ist in den verbleibenden drei Monaten des Jahres mit einer weiter abflachenden Veränderungsrate bei den Beitragseinnahmen zu rechnen.
Das BMG hat auf Basis der Prognose des GKV-Schätzerkreises vom 11. und 12. Oktober zum 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2024 von 1,7 Prozent bekanntgegeben. Dies entspricht einem Anstieg von 0,1 Prozentpunkten gegenüber dem für 2023 bekanntgegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 1,6 Prozent.
Die vorläufigen Finanzergebnisse der GKV für das Jahr 2023 werden Ende Februar 2024, die endgültigen Zahlen Mitte Juni 2024 vorliegen
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