Verurteilter Bodybuilder reißt Apotheker mit rein Alexander Müller, 28.02.2021 08:08 Uhr
Weil er an einen Bodybuilder Testosteron und Insulin abgab und dabei in einigen Fällen zunächst kein Rezept verlangte, droht einem Apotheker aus dem Saarland der Entzug seiner Approbation. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht konnte er zumindest erreichen, dass der seine Klage aufschiebende Wirkung hat. Jetzt geht die Sache vor das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes.
Die Ermittlungsbehörden waren der Dopingszene im Saarland auf der Fährte. Ein Bodybuilder wurde wegen des gewerbsmäßigen Handelns mit Dopingmitteln zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Apotheker geriet gewissermaßen als Beifang mit ins Netz. Er akzeptierte den Strafbefehl und zahlte die verhängte Geldstrafe von 18.000 Euro. Zu einem Strafprozess gegen ihn kam es nicht.
Doch die Aufsichtsbehörde leitete im Anschluss ein Verwaltungsverfahren ein und kam zu dem Schluss, dass die Erkenntnisse aus dem Strafbefehl den Entzug der Approbation aufgrund Unzuverlässigkeit und Unwürdigkeit des Apothekers rechtfertigten. Sein Verhalten sei anderenfalls geeignet, das Ansehen des Berufsstandes in der Öffentlichkeit und das in diesen gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern.
Der Apotheker legte Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, denn die Aufsichtsbehörde hatte ihn aufgefordert, seine Approbationsurkunde unverzüglich auszuhändigen. Mit dem Entzug der Approbation würden vollendete Tatsachen geschaffen, der Entzug seiner Lebensgrundlage sei eine ungewöhnliche Härte. Die vermeintliche Abgabe von Rx-Arzneimitteln ohne Rezept habe einen Bodybuilder im Saarland betroffen. Es habe zu seiner Apotheke auch zuvor keinerlei Beanstandungen gegeben und auch im Nachgang zu dem Strafverfahren sei kein Fehlverhalten aufgetreten. Zudem sei das Verfahren mit Strafbefehl abgeschlossen worden, ohne dass Anklage erhoben oder von einem Strafgericht angenommen worden wäre.
Im Strafbefehl war dem Apotheker neben dem Dopingmittelhandel der unerlaubte Besitz einer Schusswaffe vorgeworfen worden. Diese hat er nach eigenen Angaben vor Jahren als „Dekowaffe“ geschenkt bekommen. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um ein nicht funktionsfähiges Dekorationsobjekt gehalten habe. Insofern handele es sich um einen Tatbestandsirrtum, der im Strafbefehl nicht berücksichtigt sei. Diesen habe er nur aus prozesstaktischen Gründen akzeptiert.
Doch die Aufsichtsbehörde berief sich darauf, dass sie sich beim Widerruf einer Approbation auf die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafbefehls stützen kann. Es sei nicht zu erkennen, dass diese Feststellungen falsch gewesen seien. Die mit dem Eingriff in seine Berufsfreiheit verbundenen Auswirkungen auf die persönliche, familiäre und finanzielle Situation seien im Rahmen der Abwägungsentscheidung berücksichtigt worden. Der Gesundheitsschutz der Allgemeinheit überwiege jedoch bei Weitem diese Belange des Apothekers.
Das Verwaltungsgericht hat diese beiden Interessen ebenfalls gegeneinander abgewogen – und sieht nach summarischer Prüfung wenig Aussicht auf Erfolg des Apothekers im Hauptsacheverfahren. Dass der Apotheker erklärt hatte, die Rezepte seien ihm in den beanstandeten Fällen nachgereicht worden, half nicht. Eher im Gegenteil: Das entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben und mache offenbar, dass keine Einsicht hinsichtlich eines fehlerhaften Verhaltens vorliege. Insofern seien konkrete Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit durch die fortwährende, fehlerhafte Abgabe von Arznei- oder Dopingmitteln gerade nicht auszuschließen.
Der sofortige Approbationsentzug sei gerechtfertigt: Der Apotheker habe über einen Zeitraum von einem Jahr aktiv mit Dopingmitteln gehandelt. Die Abgabe sei an zwei unterschiedliche Personen erfolgt, wobei er zumindest bei einer von diesen Personen wusste, dass diese Person solche Doping-Präparate wiederum auch an Dritte in der Bodybuilderszene verkauft. Es sei allgemein bekannt, dass es sich bei Testosteron um ein Mittel mit hohem Missbrauchspotenzial – insbesondere im Kraftsportbereich – und der Gefahr einer psychologischen Abhängigkeit handelt. Diesem Missbrauch habe der Apotheker „Tür und Tor geöffnet, zu deren Verhinderung er als Apotheker doch gerade berufsrechtlich verpflichtet ist“, so das Gericht. Es komme daher im Verwaltungsverfahren nicht mehr darauf an, wie der Besitz der Schusswaffe zu bewerten sei.
Erfolg hatte der Apotheker mit seinem Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die sofort vollziehbaren Maßnahmen der Zwangsvollstreckung. Diese Zwangsmittelandrohung war dem VG nicht bestimmt genug. Die Apotheke ist aktuell weiter in Betrieb, der Inhaber hofft noch auf einen positiven Ausgang. Die Sache hat ihn sichtlich mitgenommen: Er werde so etwas nie wieder machen und hofft einfach darauf, seinen Beruf weiter ausüben zu dürfen.