Versorgungsstärkungsgesetz

Kabinett beschließt Kassenabschlag und Retaxfrist

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Berlin -

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Entwürfe zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) und zum Präventionsgesetz beschlossen. Damit gehen beide Kabinettsentwürfe in das parlamentarische Verfahren. Die Apotheker konnten den Großteil ihrer Forderungen bislang nicht einbringen.

„Gute medizinische Versorgung darf auch in Zukunft keine Frage des Wohnorts sein“, so Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zu seinem GKV-VSG. Versorgung müsse dort stattfinden, wo sie benötigt werde. Dazu gehören dem Minister zufolge Ärzte auf dem Land, die zeitnahe Vermittlung von Facharztterminen und dass die Behandlungen durchgeführt werden, die nötig sind – aber nicht mehr operiert wird als nötig. Dafür sollen Möglichkeit für eine qualifizierte Zweitmeinung eingeführt werden.

„Finanzielle Anreize sind dabei ein Baustein, wichtig ist aber auch, die Arbeitsbedingungen so zu verbessern, dass sich wieder mehr Ärzte für den Landarztberuf entscheiden“, so Gröhe. Gleichzeitig sollten mit dem Innovationsfonds gezielt Projekte gefördert werden, die neue Wege in der Versorgung beschreiten. Die Stärkung sektorenübergreifender Versorgungsformen ist aus Gröhes Sicht „eine gute Nachricht dafür, dass sich unser Gesundheitssystem fortschrittlich weiterentwickelt“.

Auch das Präventionsgesetz wurde beim inzwischen fünften Versuch vom Kabinett beschlossen. „Ich freue mich, dass es nach mehreren Anläufen in der Vergangenheit nun einen breiten Konsens darüber gibt, bei der Prävention einen wichtigen Schritt nach vorne zu gehen“, so Gröhe. Alle Akteure, die in diesem Bereich tätig seien hätten zu einer nationalen Präventionsstrategie zusammengefunden.

Das Präventionsgesetz verbessere die Grundlagen dafür, dass Prävention und Gesundheitsförderung in jedem Lebensalter und in allen Lebensbereichen als gemeinsame Aufgabe der Sozialversicherungsträger und der Akteure in Ländern und Kommunen gestaltet würden, so Gröhe. Darüber hinaus sollten betriebliche Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz enger verknüpft, die Früherkennungsuntersuchungen fortentwickelt und das Impfen gefördert werden. So soll künftig eine Impfberatung für Eltern Pflicht sein, die ihr Kind erstmals in eine Kita schicken wollen.

Die Apotheker können mit der bisherigen Ausgestaltung beider Entwürfen nicht zufrieden sein: Der Apothekenabschlag wurde im GKV-VSG zwar wie gewünscht auf 1,77 festgelegt – diese Forderung hatten die Apotheker aber an eine regelmäßige Überprüfung ihres Honorars geknüpft. Die hatte es allerdings nicht in den letzten Entwurf des GKV-VSG geschafft.

In dem Gesetz ist weiterhin geregelt, dass sich Apotheker und Kassen einigen sollen, wann retaxiert werden darf. Es würden Regelungen angepasst, „um fehlerhafte Verschreibungen zu vermeiden und Retaxationen zu verringern“, heißt es aus dem Ministerium. Die Apotheker konnten dabei immerhin eine Frist erreichen: Haben sich Kassen und Apotheker sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht geeinigt, entscheidet die Schiedsstelle. Die weiteren Forderungen der Apotheker wurden im GKV-VSG bislang nicht berücksichtigt.

Beim Thema Notdienst sollen sich die Landesapothekerkammern mit den Kassenärztlichen Vereinigungen austauschen. Für die Kassen soll es deutlich einfacher werden, Verträge zur besonderen Versorgung zu schließen. Beim Entlassmanagement kann die ABDA sich zumindest einbringen: Laut dem überarbeiteten Entwurf darf die Spitzenorganisation der Apotheker vor Abschluss des Rahmenvertrags eine Stellungnahme abgeben.

Mit ihrem Wunsch nach einer höheren Vergütung für die Abgabe von Rezepturen und Betäubungsmitteln sowie einem Disagio für den Einzug von Zuzahlungen und Herstellerrabatt blieben die Apotheker bislang erfolglos. Zudem hatten sie auf einen Nachschlag beim Notdienst und speziellen Beratungshonoraren gehofft, sowie auf die Abschaffung der Importquote und ein Verbot von Zyto-Ausschreibungen. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) Fritz Becker hatte angekündigt, mit Beginn des parlamentarischen Verfahrens weiter Forderungen zu stellen.

Im Präventionsgesetz werden die Apotheker ganz ausgeschlossen. Die ABDA hatte im Vorfeld gefordert, dass die Pharmazeuten aufgenommen werden. So sollten die Versicherten einen Anspruch auf Impfberatung, Diabetes-Risikotests, Blutuntersuchungen und Ernährungsberatung in qualifizierten Apotheken erhalten. Apotheker spielten bei der Gesundheitsförderung eine wichtige Rolle: Sie seien zeit- und wohnortnah erreichbar und hätten eine flächendeckend hohe Präsenz, so die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Entwurf.

Die Honorierung von Präventionsleistungen durch Apotheken wird derzeit abgelehnt: Laut dem „Leitfaden Prävention“ des GKV-Spitzenverbands sind Maßnahmen nicht förderfähig, die von Anbietern durchgeführt werden, die ein wirtschaftliches Interesse am Verkauf von Begleitprodukten – etwa Diäten, Nahrungsergänzungs- oder homöopathische Mittel, Sportgeräte – haben. „Im Fall der Apotheken ist dieser Ausschluss unsachgemäß, undifferenziert und pauschal“, so die ABDA.

Einen festen Platz will sich die Standesorganisation auch im geplanten Präventionsforum ergattern, das die Nationale Präventionskonferenz beraten soll. „Wir regen an, an geeigneter Stelle bereits jetzt eine gesetzliche Festlegung bestimmter, verpflichtend einzuladender Teilnehmer vorzunehmen. In Betracht kommen dabei insbesondere Vertreter der Heilberufe, wie auch Apotheker.“

Ob das Präventionsgesetz allerdings durch den Bundestag kommt, ist fraglich. Denn neben dem „breiten Konsens“ gibt es kritische Stimmen in Koalition und Opposition. So sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis, sie könne sich gut vorstellen, „dass das eines der Gesetze wird, die wir in der Großen Koalition nicht gemeinsam hinkriegen.“

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