Versender sollen barrierefrei werden Patrick Hollstein, 02.12.2024 14:42 Uhr
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen vorgelegt. Anders als die Praxen kommen die Apotheken gut weg. Dennoch sollen kurzfristig Maßnahmen umgesetzt werden.
Der Aktionsplan zeigt konkrete Maßnahmen auf, um beispielsweise in Arztpraxen den Abbau von Barrieren zu fördern, barrierefreie Informationen anzubieten oder spezielle Angebote für Menschen mit Behinderungen bereitzustellen. Am Dialog dazu hatten sich zuvor mehr als 100 Akteurinnen und Akteure aus Betroffenenverbänden und Interessenvertretungen beteiligt, ingesamt wurden rund 3000 Vorschläge eingereicht.
Nach sieben Fachgesprächen mit Verbänden und Organisationen sowie Vertreterinnen und Vertretern der Länder und Kommunen hat Lauterbach heute den Aktionsplan erstellt und an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, sowie an Verena Bentele, aktuelle Sprecherin des Deutschen Behindertenrats, übergeben.
Zu den geplanten Maßnahmen gehört unter anderem, dass Arzt- und Zahnarztpraxen barrierefrei werden wollen. Entsprechende bauliche Änderungen sollen aus dem Strukturfonds gefördert werden. Daneben sollen die Belange von Menschen mit Behinderungen im Sicherstellungsauftrag der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung explizit hervorgehoben werden.
Einfacherer Zugang zu Apotheken
Auch Barrieren beim Zugang zur Versorgung durch Apotheken sollen abgebaut werden. Zwar sei in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geregelt, dass die Offizin einen Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen haben muss und barrierefrei erreichbar sein soll. Die Auslegung und der Vollzug apothekenrechtlicher Vorschriften oblägen den zuständigen Behörden der Länder.
Außerdem sei 2018 der Botendienst der Apotheken gestärkt worden, indem er auf Kundenwunsch grundsätzlich zulässig sei. Patientinnen und Patienten könnten in diesem Zusammenhang auch im Wege der Telekommunikation durch die Apotheke beraten werden. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln könne die Übergabe der Verschreibung auch bei der Aushändigung der Arzneimittel erfolgen, wenn der Botendienst durch pharmazeutisches Personal der Apotheke durchgeführt werde. Zudem sei der Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
„Das BMG wird im Austausch mit den Apothekerverbänden auf eine Sensibilisierung der Apothekerschaft und der Apothekenmitarbeitenden zum Thema Barrierefreiheit, insbesondere auch beim Handel mit Arzneimitteln über das Internet, hinwirken“, heißt es im Aktionsplan.
Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA). Hier sollen Patientinnen und Patienten auch im Rahmen der assistierten Telemedizin in Apotheken zusätzliche Möglichkeiten der Einsicht erhalten.
Stärkung der Videosprechstunde
Auch digitale Anwendungen sollen dazu beitragen, die Barrierefreiheit der Gesundheitsversorgung zu stärken. Das BMG will sich beispielsweise dafür einsetzen, dass Videosprechstunden besser genutzt werden können. Außerdem sollen die Zugangswege zu qualitativ hochwertigen und aussagekräftigen Daten zum Gesundheitszustand von Menschen mit Behinderungen verbessert werden.
Die kultursensible Verständigung im Gesundheitswesen soll gefördert werden. Zum nachhaltigen Abbau von Rassismus und Diskriminierung fördert das BMG ein Modellprojekt zur kultur- und rassismussensiblen Schulung von Ausbildungspersonal und Auszubildenden in der Pflege. Des Weiteren soll die Datenlage zur gesundheitlichen Situation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte verbessert werden. Das BMG wird die Initiierung von Fördermaßnahmen für die Datenerhebung und -auswertung in Bezug auf Rassismus und Diskriminierung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Gesundheitswesen prüfen.
Vereinfachte Genehmigungsverfahren
Außerdem wird eine regelhafte Ermächtigungsdauer von zehn Jahren für Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) und Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schwerer Mehrfachbehinderung (MZEB) angestrebt. Eine Weiterversorgung in SPZ soll bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres ermöglicht werden. Genehmigungsverfahren für Hilfsmittel, die in SPZ und MZEB verordnet werden, sollen durch eine Beschränkung der Prüfkompetenz der Krankenkassen vereinfacht werden.
Barrierefreiheit in der Langzeitpflege: Die pflegerischen Angebote und Strukturen sollen ausgebaut werden. Dafür braucht es laut BMG entsprechende Unterstützungsmaßnahmen und Unterstützungsstrukturen vor Ort und im Quartier. Zudem sollen der barrierefreie Zugang zur Pflegeberatung und die Verfügbarkeit barrierefreier Informationen weiter verbessert werden. Hierzu gehört auch, dass jeder zweite Beratungsbesuch bei Pflegebedürftigen, die ausschließlich Pflegegeld beziehen, auf ihren Wunsch per Videokonferenz durchgeführt werden kann. Diese Möglichkeit besteht zunächst bis zum 31. März 2027.
Inklusive Gesundheitsförderung und Prävention: Die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen sollen bei den Leistungen und Angeboten zur Prävention und Gesundheitsförderung sowie bei digitalen Präventionsangeboten und Gesundheitsförderungsangeboten berücksichtigt werden. So sollen zum Beispiel Krankenkassen passgenaue, digitale und barrierefreie Leistungen im Rahmen der verhaltensbezogenen Primärprävention entwickeln.