Video-Spezial Tierarzneimittel

Versandapotheken dürfen Haustiere versorgen Désirée Kietzmann, 18.03.2011 12:34 Uhr

Tiere als Patienten: Auch den Versand von OTC-Arzneimitteln für Haustiere halten Kritiker für bedenklich. Elke Hinkelbein
Berlin - 

Der Bundesrat hat heute grünes Licht für den Versandhandel mit Arzneimitteln für Haustiere gegeben. Die Länderkammer stimmte soeben der Änderung des Arzneimittelgesetzes zu. Auch rezeptpflichtige Tierarzneimittel dürfen künftig von Versandapotheken verkauft werden. Zuvor hatte der Bundesrat eine Beschränkung des Versandes auf OTC-Arzneimittel gefordert.

In Deutschland darf nur der behandelnde Tierarzt Arzneimittel verschreiben. So streng sind die Vorgaben nicht überall in Europa. Tierhalter könnten sich daher nicht nur das Arzneimittel, sondern auch das Rezept im Ausland besorgen, befürchteten die Länder. Die Kontrolle durch den behandelnden Tierarzt wäre dann nicht mehr gegeben.

Bedenken, die auch die Berliner Tierärztin Anke Meeuw teilt: „Wenn ein Tierarzt in Holland für eine Katze in Deutschland ein Rezept ausstellt, öffnet man der Selbstmedikation Tür und Tor. Es ergeben sich daraus eine ganze Menge Probleme. Denn nicht jedes Schmerzmittel ist für jedes Tier geeignet. Es gibt auch bei Tieren Arzneimittelunverträglichkeiten. Was ist, wenn die Katze gegen das bestellte Schmerzmittel allergisch ist? Der Besitzer bestellt es in bester Absicht, und das Tier verstirbt in einer allergischen Reaktion. Dann stellt sich die Frage: Wer ist dafür haftbar und wer hat über die Risiken aufgeklärt? Nur der behandelnde Tierarzt kann das einzuschätzen. Das kann der Kollege in Holland gar nicht, auch wenn er nach bestem Wissen und Gewissen handelt.“


Eine generelle Beschränkung des Versandes auf OTC-Arzneimittel sahen Bundesregierung und Parlament aber nicht als notwendig an. Sie bezogen sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009. Für den Versand von Tierarzneimitteln dürften demnach keine strengeren Regeln gelten als für Humanarzneimittel. Zuvor hatte auch die EU-Kommission auf eine Freigabe des Versandhandels für Tierarzneimittel gedrängt.

Um den Bedenken der Länder Rechnung zu tragen, wurde eine neue Bedingung in das Gesetz aufgenommen: Tierhalter dürfen rezeptpflichtige Mittel künftig nur anwenden, wenn der behandelnde Arzt das Rezept ausgestellt hat. Die Verschreibung auf Distanz soll dadurch verhindert werden.

Im rezeptfreien Bereich bleibt es allerdings den Tierhaltern überlassen, das richtige Arzneimittel auszuwählen. Tierärztin Meeuw sieht deshalb vor allem beim Versand von OTC-Arzneimitteln für Tiere die Gefahr von Fehldiagnosen. „Viele Menschen verwechseln die Niere mit der Blase. Natürlich hängen diese beiden Organsysteme schon zusammen, aber funktionell sind sie ganz unterschiedlich. Was für eine 'Blasenkatze' gut und richtig ist, kann für die 'Nierenkatze' sehr gefährlich sein. Selbstmedikation, die völlig frei von irgendeiner Kontrolle läuft, ist sehr schwierig. Im Internet kann man keinen Arzt oder Apotheker zu Risiken und Nebenwirkungen fragen.“

Die Tierärztin gibt den Haltern ihrer Patienten in der Regel die Arzneimittel aus ihrer tierärztlichen Hausapotheke mit. Nur selten stellt sie Rezepte aus.
Welche Rolle der Versandhandel bei Tierarzneimitteln in Zukunft spielen wird, bleibt abzuwarten.