Wie funktioniert „Apotheke“ eigentlich? Das ist oft weder den Kunden so richtig bewusst noch den politischen Entscheider:innen, die der Apothekerschaft gerade auf dem Weg raus aus der Misere helfen könnten. Daher suchen immer mehr Inhaber:innen den politischen Diskurs. Kürzlich waren die Gesundheitsexperten Erwin Rüddel (CDU) und Dirk Heidenblut (SPD) vor Ort in Apotheken, nun empfing auch Kathrin Luboldt, Vizepräsidentin der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR), ihren Landrat Ingo Brohl, Kreis Wesel in Nordrhein-Westfalen, in ihrer Damian-Apotheke Dinslaken.
Luboldt wollte dem CDU-Politiker einen Einblick hinter die Kulissen geben und mit Vorurteilen aufräumen. Inhaberinnen und Inhabern geht es nämlich schon lange nicht mehr so gut, wie es das öffentliche Bild oftmals noch zeigt. „Dem ist schon lange nicht mehr so. Die Vergütung ist heute noch auf dem Niveau von vor 20 Jahren. Da ist viele Jahre nichts passiert und es bedarf dringender Reformen“, so die Vizepräsidentin. In den vergangenen zehn Jahren seien die Kosten um 60 Prozent gestiegen, einigen Inhaber:innen bleibe nun unterm Strich sogar weniger als ihren Angestellten.
Auch teure Arzneimittel sind für die Apotheken mehr Fluch als Segen, stellt Luboldt klar: „Die prozentuale Beteiligung liegt bei drei Prozent vom Einkaufspreis. Der muss jedoch von der Apotheke oftmals vorfinanziert werden.“ Wer deshalb, wenn auch nur kurzzeitig, im Dispo ist, zahle bei Hochpreisern eventuell sogar drauf, erklärt Luboldt dem Landrat. Retaxationen und hinausgezögerte Vergütungen der Krankenkassen kämen dann noch dazu.
Diese Sorgen verstand Brohl: „Natürlich haben Krankenkassen auch den Auftrag, ihre Finanzen und damit die Krankenkassenbeiträge stabil zu halten. Ihre primäre Aufgabe ist es jedoch, eine gute Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Und dies kann nur mit Zukunftsperspektiven für Apotheken vor Ort und deren gut ausgebildetem Fachpersonal gelingen. Mir macht die sinkende Zahl an Apotheken Sorgen. Der Bundesgesundheitsminister ist gefordert, gegenzusteuern.“
Apothekerin Luboldt berichtete auch von den Problemen mit dem E-Rezept, zu dem vom Bundesgesundheitsministerium, von den Kassen und der Gematik zu wenig informiert wurde. „Praxen und Apotheken werden allein gelassen und müssen nun dieses Informationsdefizit ausbügeln.“ Und bei all den unklaren formalen Aspekten „bräuchten wir seitens der GKV dringend eine Art Friedenspflicht“, findet Luboldt. Personalmangel und bürokratische Hürden, wie die Präqualifizierung, bringen dann noch das Fass zum Überlaufen. „Wer sich einem Papierkrieg stellen muss, hat keine Zeit mehr für die Patienten, das ist doch klar“, so Brohl verständnisvoll.
Da seien die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) keine geeignete Lösung. „Das, was er als praktikable und unbürokratische Lösung darstellt, lässt sich einerseits in der Praxis gar nicht so umsetzen, wie der Minister sich das vorstellt“, sagt Luboldt. Das führe zu einer deutlich verschlechterten Versorgungslage und zu Rosinenpickerei; „gute Versorgung kostet Geld – das muss Herr Lauterbach endlich einsehen“.
Für die Versorgung vor Ort seien die Apotheken unerlässlich, stellt Luboldt schließlich klar. Als erste Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen und mit viel entgegengebrachtem Vertrauen entlasten sie die Hausarztpraxen. „Diese bewährten Strukturen müssen im Kreis Wesel, aber natürlich auch darüber hinaus, unbedingt erhalten bleiben. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen – beispielsweise in den regelmäßigen Gesprächen mit unseren Abgeordneten vom Niederrhein.“ Brohl gab Rückhalt: „In mir haben die Apotheken einen Unterstützer an ihrer Seite.“
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