Ärztliche Abrechnungsstellen

Vergleichsportal für Rechenzentren

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Berlin -

Die Auswahl an Rechenzentren ist für Apotheken recht übersichtlich, Kosten und Leistungen ähneln sich weitgehend. Das sieht bei den ärztlichen Kolleg:innen ganz anders aus: Es gibt mehr als hundert Anbieter und etliche Praxen nehmen die Abrechnung der Privatpatient:innen sogar noch immer selbst vor. In diesem großen und ziemlich intransparenten Markt hat der Unternehmer Christoph Lay ein Geschäftsfeld entdeckt: Auf der Seite abrechnungsstelle.com können Praxen die Anbieter vergleichen.

Die Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen läuft bei den Praxen über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) des jeweiligen Kammerbezirks. Aber die privatärztlich erbrachten Leistungen müssen separat abgerechnet werden. Der durchschnittliche Honorarumsatz mit Privatversicherten einer Praxis liegt bei etwa 100.000 Euro. Allerdings kann dieser Wert je nach Ausrichtung der Praxis erheblich schwanken: Eine kleine Hausarztpraxis auf dem Land liegt deutlich unter diesem Wert, bestimmte Facharztgruppen kommen auf ein Vielfaches und große MVZ haben siebenstellige Abrechnungsvolumina.

Lay schätzt nach vielen Gesprächen im Markt, dass etwa 45 Prozent der Arztpraxen die Privatabrechnung noch immer selbst durchführen. Das Potenzial für professionelle Abrechnungsstellen in diesem Bereich ist also noch riesig.

Die Wissenschaft der Abrechnung

Die Abrechnung ärztlicher Leistungen ist eine Wissenschaft für sich. Denn die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bietet teilweise mehrere Optionen, ein und dieselbe Leistung abzurechnen. Manche Ziffern kann man kombinieren, dabei gibt es wiederum zeitliche Beschränkungen und so weiter. Entsprechend kleinteilig ist der Markt, manche Abrechnungsstellen haben sich auf bestimmte Bereiche konzentriert, zum Beispiel auf Zahnärzte oder bestiimmte ärztliche Fachrichtungen. Zudem rechnen nicht alle Abrechnungsstellen den Klinikbereich, Chefärzt:innen oder Physiotherapeut:innen ab.

Ebenfalls eine weite Spanne umfasst das Leistungsspektrum der Anbieter. Dies reicht von der einfachen Honorarabrechnung – also der Abrechnung der richtigen GOÄ-Ziffern – über eine Vorfinanzierung bis hin zu echtem Factoring, bei dem der Dienstleister das Risiko der Abrechnung übernimmt. Die Art der Leistung zusammen mit dem Volumen der Abrechnung bestimmt über die Höhe der Gebühren. Diese reichen von ein paar hundert Euro jährlich für die kleine Landarztpraxis bis zu fünfstelligen Beträgen für Großpraxen oder MVZ.

Was Lay bei seiner Marktanalyse aufgefallen ist: Viele Praxen hätten gar nicht gewusst, dass sie den Anbieter wechseln können, sondern den als so gegeben angesehen wie ihre KV im GKV-Bereich. Und in anderen Fällen hätten die Praxisbetreiber:innen den Anbieter des Vorgängers oder der Vorgängerin übernommen oder eine Abrechnungsstelle gewählt, die ihnen von befreundeten Ärzt:innen empfohlen wurde.

Genau in diese Lücke will Lay mit seinem Angebot stoßen: abrechnungsstelle.com funktioniert wie ein klassisches Vergleichsportal. Die Praxis gibt ihre Parameter ein – Art der Abrechnung, gewünschte Leistung, Umsatz und Anzahl der Privatrezepte und Wunsch zum Auszahlungstermin – und bekommt dann eine Liste mit Anbietern angezeigt. Ausgewiesen werden die effektiven Kosten und als Checkliste die Leistungen der Abrechnungsstelle. Den Namen erfährt die Praxis nicht, kann aber unverbindlich und kostenlos einen Tarif anfragen.

Positive Resonanz im Markt

Kommt ein Vertrag zustande, erhält Lay eine Provision. Vertraglich abgesichert ist laut Lay, dass sein Portal beim Vertragsschluss zwischen Praxis und Dienstleister nicht übergangen wird. Natürlich komme es auch auf Vertrauen an, aber letztlich wollten die Abrechnungsstellen ja auch weiter mit ihm zusammenarbeiten.

Überhaupt sei die Resonanz im Markt überraschend positiv gewesen. Seit anderthalb Jahren ist Lay im Markt aktiv, immer mehr Abrechnungsstellen sind auf seiner Seite vertreten. Einige hätten die neue Transparenz zunächst gescheut, seien dann aber sogar selbst auf ihn zugekommen und hätten um Listung gebeten, berichtet Lay. Aber es gebe auch immer noch Firmen, die solche Vergleichsportale kategorisch ablehnten.

Ganz neu ist die Idee nicht. Als abrechnungsstellen-vergleich.de gab es die Seite schon vorher und mit scoremed gibt es auch einen Mitbewerber. Aber Lay hat bei seinem Vergleichsrechner nicht nur den Namen geändert, sondern die Seite auch komplett neu aufgezogen und an modernen Anforderungen an solche Portale ausgerichtet. Gerade den Start hätten die ersten Kontakte und Verträge aus der Übernahme aber erleichtert. Jetzt laufe das Geschäft gut und das Angebot trage sich selbst, berichtet Lay.

„Und ich glaube, dass die Zeit in meine Richtung spielt“, so der Unternehmer. Denn immer mehr Praxen würden die Abrechnung aufgrund der wachsenden Komplexität nun doch auslagern wollen. Andererseits sei die Leistungsspanne bei den Anbietern groß. Einige hätten nicht einmal eine Website, sondern kommunizierten ausschließlich mit dem Fax. Für die Betreuung der Bestandskunden möge das reichen, neue Praxen gerade jüngerer Ärzt:innen seien so aber nicht zu gewinnen, so Lay. Die achteten bei der Auswahl eher darauf, ob die Abrechnung vom Smartphone aus steuern und überwachen können. Insofern rechnet Lay auch damit, dass sich der Markt in den kommenden Jahren deutlich konsolidieren wird.

Für ihn war zwar das Geschäft mit der ärztlichen Abrechnung neu, im Gesundheitsmarkt hatte er aber durchaus schon Erfahrungen gesammelt. Mit seiner ersten Firma 180° Sicherheit wurde ein Einbruchschutz auch an Apotheken und Arztpraxen verkauft. Inzwischen ist er bei der Firma ausgestiegen und kümmert sich jetzt um die Abrechnungsstellen der Ärzte.

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