Ein halbes Jahr lang hat die Abda auf den Referentenentwurf gewartet – und trotzdem gibt es bislang keine bekannten Pläne über weitere Proteste. Am Mittwoch soll der Gesamtvorstand über Maßnahmen entscheiden. Die ersten Verbände preschen bereits vor.
Bereits im Mai hatten Holger Seyfarth aus Hessen und Stefan Fink aus Thüringen einen Brandbrief an Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening geschrieben und sie aufgefordert, endlich neue Proteste gegen die Reformpläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu organisieren. Eine Antwort gab es bislang nicht; und obwohl mittlerweile der Referentenentwurf vorliegt, existieren offenbar auch noch keine Beschlüsse dazu, wie es mit den im Frühjahr vage in Aussicht gestellten Eskalationsmaßnahmen weitergehen soll.
Am Mittwoch soll der Gesamtvorstand dazu Entscheidungen treffen, nach dem Entsetzen über den Entwurf sind nun auch die Erwartungen an die Kampfbereitschaft der eigenen Standesvertretung groß. Ob es noch vor der Sommerpause zu neuen Protesten kommen wird, ist unklar. Immerhin beginnen in der übernächsten Woche in den ersten Bundesländern die Ferien. Die Abda hatte stets argumentiert, dass sie Aktionen am Zeitplan der Gesetzgebung ausrichten werde. Passiert ist seit November gar nichts mehr.
Der Thüringer Apothekerverband (ThAV) stellt seinen Mitgliedern jetzt in Aussicht, dass es „bundesweit abgestimmte sowie darin eingebettete Protestmaßnahmen in Thüringen“ geben werde. Denn man blicke fassungslos auf den nun vorliegenden Referentenwurf zur Apothekenreform: Vor allem die Hochrechnung der Personaleinsparung sei „der Lebenswirklichkeit völlig entrückt“, so der Vorstand. „Das BMG leugnet mit dieser undurchdachten Kalkulation den schon jetzt immensen Versorgungsbedarf der Patienten, der pro Apotheke umzusetzen ist und der sich mit jeder Apothekenschließung weiter erhöht.“
Und weiter: „Die Rechnung unterstellt unverfroren und weltfremd, dass die Apothekenteams aktuell nicht ausgelastet sind und Effizienzreserven bestehen. Der Umgang mit der Skonti-Problematik wird der enormen Dringlichkeit nicht gerecht.“ Fazit aus dem Freistaat: „Diese Ignoranz und Idiotie des BMG sind nicht mehr in Worte zu fassen!“
Auch der Hessische Apothekerverband (HAV) stellt ernüchtert fest, dass „sämtliche Berliner Versuche gescheitert sind, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) von seinem für Patienten und Apothekerschaft gleichermaßen desaströsen Kurs abzubringen“. Initiativen des HAV, auch im Schulterschluss mit dem ThAV, den Druck auf das Ministerium durch stärkere Maßnahmen bis hin zu mehrtägigen Apothekenschließungen zu erhöhen, seien „ignoriert oder ad absurdum geführt“ worden.
„Wir werden uns gegen diese Scheinreform wehren und nach unseren Möglichkeiten alles daransetzen, die Interessen der Apothekerschaft zu wahren“, so der HAV. „Das gelingt freilich nur dann, wenn auch die Abda endlich klar und deutlich auf das Verhalten der Verantwortlichen im BMG reagiert.“
Um das weitere Vorgehen zu besprechen, will der Verband seinen Mitgliedern am Mittwoch die nächsten Maßnahmen in Reaktion auf den „skandalösen Referentenentwurf“ vorstellen.
„Das BMG opfert uns Apotheker als letzte Kontrollinstanz und als letzten Sicherheitsfaktor zwischen der ärztlichen Verschreibung und dem Patienten auf dem Einsparungsaltar“, so die Analyse des HAV. „Selbstredend lehnt das BMG auch weiterhin unsere Forderung nach einer angemessenen, längst überfälligen Erhöhung der Apothekenvergütung ab. Weil sich all das seit längerem abzeichnet, hat der HAV bereits vor Wochen die kategorische Ablehnung des Gesetzesvorhabens gefordert.“
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