Verbände im Zielpreis-Zwist Alexander Müller, 18.09.2008 13:21 Uhr

München - 

Zielpreise versus Rabattverträge, die nächste Runde. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) Hermann S. Keller hat bei der Eröffnung der Expopharm in München die neue AOK-Ausschreibung für Rabattverträge kritisiert und erneut für Zielpreisvereinbarungen geworben. Dabei geriet er mit der Industrie aneinander.

Keller kritisierte, dass bei der AOK künftig nur noch ein Hersteller den Zuschlag für einen Wirkstoff pro Regionallos erhalten werde. Damit könne die Lieferfähigkeit nicht garantiert werden. Keller forderte von einer Kasse mit einem so großen Marktanteil mehr Verantwortung: „Wenn jedoch heute - ein Jahr nach den ersten Erfahrungen mit Lieferdefekten - von der AOK wieder wissentlich die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden, dann muss man sich schon fragen, was bei den Beteiligten mehr wiegt - die Gesundheit der Patenten oder Kosteneinsparungen auf Biegen und Brechen.“

Rabattverträge dürfen aus Sicht des DAV-Vorsitzenden nicht zu Marktverzerrungen führen, die Versorgung der Patienten nicht beeinträchtigen und müssen praktikabel sein. „Ein Minimum von drei Anbietern je Rabatt-Wirkstoff und Gebietslos ist deswegen unbedingt notwendig!“, forderte Keller. Die Apotheker haben mit dem Zielpreismodell einen eigenen Vorschlag eingebracht, der den Rabattverträge überlegen sei: „Wir ermöglichen damit eine Verbesserung der Arzneimittelversorgung und -therapie von Patienten, vermeiden Retaxationen und können gleichzeitig höhere Einsparungen als bislang mit den Rabattverträgen erzielen“, so Keller.

Keller kritisierte das vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) erstellte Gutachten gegen das Zielpreismodell. Der Verband nutze die in die im Modell vorgesehene Vergütung der Apotheker als Vorwand, um das Modell in Gänze in Frage zu stellen. Dies sei „keineswegs Zeugnis einer konstruktiven Auseinandersetzung“, so Keller. „Wir werten die Stellungnahme des BAH als einen Angriff auf einen Partner im Arzneimittelmarkt.“ Die Industrie habe hingegen keine eigenen Vorschläge als Alternative zu den Rabattverträgen entwickelt, monierte Keller.

Der BAH-Vorsitzende Hans-Georg Hoffmann erwiderte, dass der Verband in der kommenden Woche seine „politische Bringschuld“ erfüllen werde: Bei der Jahresversammlung werde ein von Professor Dr. Wasem erstelltes Gutachten zu einer Alternative vorgestellt. Einzelheiten des Modells „Zentraler Erstattungspreis“ wollte Hoffmann noch nicht bekanntgeben. Er verteidigte die Kritik des BAH am Zielpreismodell: Der zu erwartende „Kellertreppeneffekt“ bei den Arzneimittelpreisen sei eine „unvermeidbare Entwicklung und keine missglückte Namensanleihung“, sagte Hoffmann.

Das Rechtsgutachten des BAH sei aber „kein gegen die Apothekerschaft gerichteter Akt, auch wenn das jemand so empfunden haben mag“, beteuerte Hoffmann. Es sei vielmehr der Versuch, im Vorfeld auf die rechtlichen Probleme - die Unvereinbarkeit mit dem EG-Beihilferecht - hinzuweisen. Schließlich könnten so ja auch Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.

Doch die Gräben zwischen dem Hersteller- und Apothekerverband scheinen tiefer zu sein, als dass eine Expopharm-Eröffnung sie überbrücken könnte: „So geht man nicht mit Partnern um, Herr Hoffmann! Über unsere Verträge verhandeln wir und nicht der BAH“, sagte Keller.