Als Folge des Valsartan- und Lunapharm-Skandals hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits eine Überprüfung der Arzneimittelaufsicht angekündigt. Noch im November will Spahn dazu eine Novelle des Arzneimittelrechts (AMG-Novelle) vorlegen. Es geht um eine stärkere Zentralisierung der heute von den Ländern verantworteten Aufsicht und um Haftungsfragen.
„Wir werden sehr bald gesetzliche Regelungen vorlegen, die aus Lunapharm und Valsartan, den beiden Arzneimittelskandalen, auch Schlussfolgerungen ziehen. Und dann eben konkret Regelungen verändern“, hatte Spahn bereits im Oktober auf Facebook angekündigt. „Einen Arzneimittelrückruf können wir – selbst mit Erkenntnissen wie bei Valsartan – gar nicht starten von Bundesebene, das können nur 16-mal die Länder jeweils.“ Deswegen prüfe man, inwieweit Gesetzesänderungen nötig seien, damit das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Bundesoberbehörde künftig „schneller agieren“ könne.
In welchem Umfang die Aufsicht der Länderbehörden auf das BfArM übertragen werden soll, ist noch nicht bekannt. Hier muss sich Spahn mit den Bundesländern abstimmen. Spahn betonte im Oktober, man habe in den vergangenen Monaten gemerkt, dass bestimmte Dinge in der Organisation „nicht mehr zu einer Pharmaproduktion, die eher weltweit vernetzt“ sei, passten. „Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Medikamente ordentlich und ohne Verunreinigung hergestellt werden.“
Änderungen soll es auch im Fall von Arzneimittelrückrufen geben. Derzeit können diese nur von den Länderbehörden angeordnet werden. Im Valsartan-Fall hatte dies zu Verzögerungen geführt. Laut Spahn gibt es verschiedene Ansatzpunkte, um einen solchen Fall künftig zu verhindern. „Wir fragen uns, ob die Zuständigkeiten von Bund und Ländern in der Arzneimittelüberwachung geändert werden müssen. Wir müssen untersuchen, wie europäische, Bundes- und Landesbehörden besser zusammenarbeiten können. Wir müssen klären, wie die Kontrollen von Herstellern, die nicht in der EU produzieren, besser werden können.“
Auf dem Prüfstand stehen bei Spahn dem Vernehmen nach auch Haftungsfragen bei Rabattverträge. So könnten die Krankenkassen stärker in die Pflicht genommen werden, um bei der Vergabe von Rabattverträgen bei der Auswahl der Hersteller größere Sorgfalt walten zu lassen. Thomas Müller, für Arzneimittel zuständiger Abteilungsleiter im BMG, hatte auch die Überprüfung der Importförderklausel im Rahmen der AMG-Novelle angekündigt.
In einem Brief an Spahn hatte dagegen der GKV-Spitzenverband verlangt, dass Patienten besser informiert werden und in der Apotheke problemlos ein anderes Arzneimittel bekommen sollen. Die Kosten für den Rückruf müssten die Hersteller tragen. Die Haftungsfrage müsse eindeutig geklärt sein: „Bringt ein pharmazeutisches Unternehmen ein Arzneimittel in Deutschland auf den Markt, so haftet es für die Qualität“, so der Kassenverband. Die Hersteller der Wirkstoffe müssten zudem kontrolliert werden.
Nach aktueller Rechtslage haben Privatpatienten gegenüber Apotheken Ansprüche auf die Lieferung neuer, mangelfreier Valsartan-Packungen. Anders als gesetzlich Versicherte stehen sie in einer direkten Geschäftsbeziehung zur Apotheke. Als Verkäufer hätten diese dabei „auch die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen“, erklärte das BMG in der Antwort auf die kleine Anfrage der AfD-Fraktion. GKV-Patienten, die bei einer Neuverordnung erneut Zuzahlungen leisten müssten, sollten sich demzufolge bezüglich einer möglichen Erstattung an ihre Krankenkasse wenden.
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