Schlussspurt für Softwarehäuser Lothar Klein, 29.10.2018 09:54 Uhr
Der Schlussspurt zur Einführung des Securpharm-Systems ist eingeläutet. In drei Monaten müssen Hersteller, Großhändler und Apotheken startbereit sein. Fast alle Apotheken haben sich bereits registriert. In den nächsten Wochen starten die Softwarehäuser mit dem Update der Warenwirtschaftsysteme. Tobias König, Inhaber der Brunnen Apotheke in Stuttgart, rät allen Kollegen, sich rechtzeitig um Securpharm zu kümmern. Nicht in allen Apotheken läuft die Vorbereitung glatt.
Nach Angaben von Securpharm haben sich drei Monate vor dem Start bereits 15.065 von 15.236 Apothekeninhabern auf dem N-Ident-Portal der zuständigen Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) angemeldet. Darüber hinaus haben die meisten Apotheker auch schon einen Legitimationsantrag mit Betriebserlaubnis und Tätigkeitsnachweis hinterlegt. Die Ausstellung des N-ID-Zertifikats, das als Voraussetzung für die Anbindung jeder einzelnen Apotheke an den Securpharm-Server gilt, ist angelaufen. Rechtzeitig vor dem Start des Systems am 9. Februar 2019 müssen alle Apotheken die drei Phasen des Verfahrens – Anmeldung, Legitimation, Zertifikat – durchlaufen haben.
Apotheken und anderen Securpharm-Teilnehmern drohen allerdings keine Sanktionen, falls die Anmeldung bis zum 9. Februar nicht erfolgt. Nach Angaben einer Securpharm-Sprecherin dürften ab dann Apotheken aber verifizierungspflichtige Arzneimittel nicht mehr abgeben. Verifizierungspflichtig sind alle ab dem 9. Februar neu in den Markt gebrachten Arzneimittel.
Laut Securpharm-Sprecherin haben sich neben den Apotheken aktuell 316 von circa 350 Pharmaunternehmen bereits registriert. Außerdem haben 535 Betriebsstätten von pharmazeutischen Großhandlungen mit der Legitimation als Teil der Anbindung begonnen sowie 286 Krankenhausapotheken.
Als nächster Schritt steht jetzt das Update der Warenwirtschaft in den Apotheken an. Darüber läuft per Scanner das Abgleich der Data-Matrix-Codes auf den Packungen mit dem Securpharm-System. Nach Angaben von Awinta liegt die Umstellung „im Zeitplan, so dass die Anbindung der Awinta-Systeme an Securpharm zu diesem Termin sichergestellt ist“. Über die genauen Modalitäten würden die Kunden rechtzeitig informiert; man komme hier aktiv auf die Kunden zu. Ob die Umstellung Geld kostet, verrät Awinta noch nicht: „Es ist erst dann sinnvoll, Auskünfte über die Preisgestaltung zu geben, wenn der Gesamtumfang der Securpharm-Aufwände abschließend bekannt ist. Dies hängt letztlich auch von den noch laufenden Ausprägungen der vielseitigen Anforderungen auf Apothekenseite ab.“
Seit Sommer habe man die Kunden laufend informiert: „Weitere Infos folgen in den nächsten Wochen. Vor allem ist es jetzt wichtig, dass die Apotheker auch selbst die Voraussetzungen schaffen. Wichtige Punkte in der Vorbereitung sind dabei zum Beispiel die Authentifizierung über das N-Ident-Verfahren und die Überprüfung beziehungsweise Beschaffung von 2D-Scannern in ausreichender Anzahl für alle Abgabestellen.“
Nicht ganz so optimistisch ist Apothekerin Vera Dockter aus Forst in der Lausitz. Ihre Apotheke arbeitet noch mit dem inzwischen von Awinta aufgekauften Asys-Warenwirtschaftsystem, das laut ihrer Aussage nicht Securpharm-tauglich ist. Zwei Termine zur angekündigten Umstellung auf Awinta One seien verstrichen. Jetzt soll die neue Software bis 9. Februar eingespielt werden. Einen Termin gibt es noch nicht. Dockter zweifelt daran, dass ihr Kommissionierer dann mit der neuen Software und dem Securpharm-System kommunizieren kann: „Ich habe leider nur eine PIN zum Herunterladen des Zertifikates. Mit der Securpharm-Programmierung trödelt Awinta.“
Lauer-Fischer teilte mit, dass alle Kunden das für Securpharm relevante Update „in mehreren Rollout-Chargen“ ab Ende Oktober 2018 erhalten. „Bis Mitte November 2018 sind alle Kunden damit versorgt, das heißt startklar für Securpharm“, so das Unternehmen. Dafür bezahlen müssen Kunden nicht: „Dieses Release ist für unsere Kunden kostenlos.“
Die Apotheker sollten die Zugangsdaten zum Herunterladen des Zertifikats der NGDA „bitte gut aufbewahren bis zum Release“. Denn die Zugangsdaten könnten erst nach dem Release in das Warenwirtschaftssystem Winapo 64 eingegeben werden.
Als einer der bundesweit ersten Apotheker hat König das Zertifikat heruntergeladen. „Man sollte pünktlich sein, auch um ein Signal zu setzen“, sagt er. Allzu leicht sei es nicht, das Zertifikat zu erhalten, erklärt König. „Man muss da schon einen größeren Aufwand betreiben und nicht zuletzt müssen auch Hard- und Software die nötigen Anforderungen erfüllen.“ Den Kollegen rät er, das Projekt nicht zu sehr auf die lange Bank zu schieben. „Man muss sich schon bewusst sein, dass man damit auch Arbeit hat und dass es etwas kostet“, mahnt er. „Außerdem muss man ein wenig technikaffin sein oder jemanden haben, der es ist. Es ist aber auch kein Hexenwerk.“
Für die Apotheken ist der Securpharm-Betrieb nicht kostenfrei: Die ABDA verlangt von jeder Apotheke für die vorgeschriebene Teilnahme an Securpharm zehn Euro im Monat zuzüglich Mehrwertsteuer plus eine einmalige Lizenzgebühr von ebenfalls zehn Euro plus Mehrwertsteuer – macht zusammen rund drei Millionen Euro im Jahr. Mit dem Geld soll der Server zur Abwicklung der Securpharm-Verifizierungen finanziert werden. Betrieben wird der Server von der NGDA.
„Wenn die europäische Fälschungsschutzrichtlinie nächstes Jahr in Kraft tritt, werden die Apotheken in Deutschland bestens vorbereitet sein, um ihre Patienten auch weiterhin mit allen notwendigen Arzneimitteln zu versorgen“, sagt Dr. Hans-Peter Hubmann, ABDA-Vorstandsmitglied und Securpharm-Verantwortlicher. „Dass viele Apotheken sich schon zur Authentifizierung angemeldet haben, ist erfreulich. Wenn dann das Ausstellen der Zertifikate beginnt und die Apotheken mit ihren Softwarehäusern ‚online‘ gehen, wird sich zeigen, dass ein hohes Maß an zusätzlicher Sicherheit gegen Arzneimittelfälschungen machbar ist.“
Hubmann weiter: „Zuletzt mussten wir leider erleben, wie mit viel krimineller Energie lebenswichtige Arzneimittel europaweit gestohlen, verschickt und anderswo wieder eingeschleust wurden. Securpharm ist ein Schutzsystem, das solchen Machenschaften einen wirksamen Riegel vorschieben kann, soll und wird. Schon deshalb sollten sich auch die Apotheken, die das noch nicht getan haben, zügig bei N-Ident anmelden. Wer sich zügig registriert, garantiert auch, dass sein Betrieb im Februar 2019 rechtzeitig startklar ist.“