Unterschriftenaktion

Politik warnt Apotheker: Keine Ängste schüren

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Berlin -

Die geplante Unterschriftenaktion der ABDA gegen das EuGH-Urteil stößt in der Politik auf immer breitere Kritik. Nach CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich geht die pauschale Europa-Schelte auch für SPD und Linke zu weit. Sabine Dittmar (SPD) und Kathrin Vogler (Die Linke) warnen ABDA-Präsident Friedemann Schmidt davor, Ängste zu schüren. Dittmar wirft der ABDA Polemik vor.

„Die Apothekerschaft hat aus meiner Sicht bessere Argumente als diese populistische Unterschriftenaktion, die in keiner Weise den Sachverhalt wiedergibt, um ihren Stellenwert im Gesundheitssystem deutlich zu machen”, so Dittmar, für Arzneimittel zuständige Politikerin in der SPD-Bundestagsfraktion. „Anstatt Ängste zu schüren und antieuropäische Stimmung zu verbreiten, erwarte ich von einer Standesvertretung wie der ABDA, dass sie eine faktenbasierte Debatte führt.“

Auch die Linke hält die Unterschriftenaktion – bei allem Verständnis für die Sorgen der Apotheker – für überzogen: „Der Stil des ABDA-Aufrufs gefällt mir nicht“, so Vogler. „Fundierte EU-Kritik“ sei sicher gut und notwendig; die Linke kämpfe auch gerne mit der ABDA gegen den Versandhandel und den zunehmenden Einfluss der Großkonzerne auf das Gesundheitswesen. „Aber dabei überzeugen Argumente doch mehr als Ängste zu schüren vor den ‚gefährlichen Einflüssen von außen‘.“

Inhaltlich stimmt die Linke dem Anliegen der ABDA zu: Der EuGH habe den Marktzugang für Versandapotheken über den Preiskampf höher gewichtet als die Versorgung vor Ort. „Das ist eine neue marktradikale Qualität beim EuGH“, findet Vogler. Diese werde von der Linken konsequent abgelehnt. Im Kern stelle sich die Frage: „Ist Arzneimittelversorgung Wirtschafts- oder Gesundheitspolitik? Wir meinen: Gesundheit ist das höchste Gut und muss Vorrang haben vor Geschäftsinteressen.“

Der deutsche Gesetzgeber sei nun gefordert, das klarzustellen und Konsequenzen zu ziehen. Deswegen habe die Linke einen Antrag zum Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln eingebracht. Der wird voraussichtlich im Januar im Bundestag beraten. Bis dahin müsste auch auch die von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) angekündigte Gesetzesinitiative für das Rx-Versandverbot vorliegen. Sonst ist aus Zeitgründen eine parlamentarische Umsetzung kaum noch möglich.

„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der durch Änderung von § 43 Arzneimittelgesetz den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbietet“, fordert der von Vogler vorgelegte Antrag. Die Linke begründet ihren Antrag mit den Chancen und Risiken, die Arzneimitteln hätten. Zu Recht würden daher an die Zulassung und die Erstattungsfähigkeit hohe Anforderungen gestellt.

Die besten Studienergebnisse nützten nichts, wenn die Arzneimittel in der Praxis falsch eingesetzt würden. Durch fehlende Therapietreue würden nicht nur gesundheitliche Nachteile und Folgebehandlungen hervorgerufen. Durch Arbeitsausfall, ebenso wie durch Arbeit trotz Krankheit und Verrentung träten hohe indirekte Kosten für die Allgemeinheit auf. „Die Kosten wurden für Deutschland auf insgesamt 10 bis 20 Milliarden Euro jährlich geschätzt“, so der Antrag.

Kritik an der ABDA-Unterschriftenaktion hatte auch schon Hennrich geübt. Der CDU-Arzneimittelexperte rät davon ab, aus dem Urteil pauschale EU-Kritik abzuleiten. „Ich teile die Sorge vieler niedergelassenen Apotheken, dass nach dem EuGH-Urteil Rabatte beim Rx-Versandhandel die flächendeckende Arzneimittelversorgung mit hochwertiger und individueller Beratung gefährdet ist. Ich rate allerdings davon ab, daraus eine pauschale Europa-Kritik abzuleiten. Vielmehr geht es darum, die SPD – auch mit diesen Unterschriften – davon zu überzeugen, ein europarechtskonformes Rx-Versandhandelsverbot mit durchzusetzen“, so Hennrich.

In den kommenden Tagen will die ABDA an alle rund 20.000 Apotheken in Deutschland Aktionsmaterial wie Plakate, Aufsteller, Argumentationshilfen und Unterschriftenlisten versenden. Die Apotheker sollen mit dem Material die Patienten über die Gefahren der Aufhebung der Preisbindung von verschreibungspflichtigen Medikamenten für ausländische Versandapotheken informieren. Die Unterschriftenaktion soll bis Anfang März laufen. Parallel dazu will die ABDA ab dem 20. Dezember mit Anzeigen in der Tagespresse und in Patientenmedien für eine Aufmerksamkeit sorgen.

„Ich fordere von der Politik: Stoppen Sie die gefährlichen Einflüsse von außen. Schützen Sie die Apotheken vor Ort“, heißt es im Text zur Unterschriftenaktion. Es wird weder auf das EuGH-Urteil zur Gültigkeit des Arzneimittelpreisrechts für ausländische Versandapotheken noch auf die Forderung nach dem Rx-Versandverbot eingegangen. Eingeleitet wird der Kopftext mit der Aussage: „Aktuelle Entscheidungen der EU machen es ausländischen Konzernen noch einfacher, sich an unserem Gesundheitssystem zu bereichern. Internationale Versandhändler wollen die Rosinen aus unserem System picken, ohne das zu leisten, was meine Apotheke vor Ort macht: Nacht- und Notdienst, persönliche Beratung, Rezeptur...“, heißt es im Aufruf weiter.

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