Hennrich: Apotheker sollen nicht polemisieren Lothar Klein, 09.12.2016 08:06 Uhr
Gestern hat die ABDA ihre Unterschriftenaktion gegen die Folgen des EuGH-Urteils zu Rx-Boni vorgestellt. Die Aufforderung zur Unterzeichnung wird eingeleitet mit pauschaler Kritik an der EU. Der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich zeigt der ABDA dafür die gelbe Karte: Er rät davon ab, aus dem Urteil pauschale EU-Kritik abzuleiten.
„Ich teile die Sorge vieler niedergelassenen Apotheken, dass nach dem EuGH-Urteil Rabatte beim Rx-Versandhandel die flächendeckende Arzneimittelversorgung mit hochwertiger und individueller Beratung gefährdet ist. Ich rate allerdings davon ab, daraus eine pauschale Europa-Kritik abzuleiten. Vielmehr geht es darum, die SPD – auch mit diesen Unterschriften – davon zu überzeugen, ein europarechtskonformes Rx-Versandhandelsverbot mit durchzusetzen“, so Hennrich.
In den kommenden Tagen will die ABDA an alle rund 20.000 Apotheken in Deutschland Aktionsmaterial wie Plakate, Aufsteller, Argumentationshilfen und Unterschriftenlisten versenden. Die Apotheker sollen mit dem Material die Patienten über die Gefahren der Aufhebung der Preisbindung von verschreibungspflichtigen Medikamenten für ausländische Versandapotheken informieren. Die Unterschriftenaktion soll bis Anfang März laufen. Parallel dazu will die ABDA ab dem 20. Dezember mit Anzeigen in der Tagespresse und in Patientenmedien für eine Aufmerksamkeit sorgen.
„Ich fordere von der Politik: Stoppen Sie die gefährlichen Einflüsse von außen. Schützen Sie die Apotheken vor Ort“, heißt es im Text zur Unterschriftenaktion. Es wird weder auf das EuGH-Urteil zur Gültigkeit des Arzneimittelpreisrechts für ausländische Versandapotheken noch auf die Forderung nach dem Rx-Versandverbot eingegangen. Eingeleitet wird der Kopftext mit der Aussage: „Aktuelle Entscheidungen der EU machen es ausländischen Konzernen noch einfacher, sich an unserem Gesundheitssystem zu bereichern. Internationale Versandhändler wollen die Rosinen aus unserem System picken, ohne das zu leisten, was meine Apotheke vor Ort macht: Nacht- und Notdienst, persönliche Beratung, Rezeptur...“, heißt es im Aufruf weiter.
Beigelegt ist dem Unterschriftenpaket ein Argumentationsblatt, das sich an die Apothekenkunden richtet. Auch darin wird unter der Überschrift „Gesundheitssystem in Gefahr“ pauschal der EU die Verantwortung für die aktuelle Lage der Apotheken zugewiesen. Das deutsche Gesundheitssystem orientiere sich, „anders als in vielen anderen Ländern, am Wohl des Patienten“, argumentiert die ABDA darin. Es sei auf Leistung, Qualität und Sicherheit ausgelegt – nicht auf Gewinne und Renditen. „Fordern Sie von der Politik, die gefährlichen Einflüsse von außen zu stoppen. Unterschreiben Sie dafür – in Ihrer Apotheke“, so der Aufruf.
„Wir bedienen damit keine antieuropäische Schiene“, sagte ABDA-Vize Mathias Arnold. Auch der gerade wiedergewählte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt verneinte populistische Absichten, räumte allerdings ein: „Wir wissen, dass dies missverstanden werden kann.“ Es gebe in der EU einen „Trend zu Grenzüberschreitungen“. Nach Ansicht von Arnold „vergisst“ die EU-Kommission „zu sehr die Subsidiarität“.
Nach einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC glaubt nur jeder fünfte Teilnehmer, dass die Politik den Rx-Versand verbieten wird. Weitere 11 Prozent glauben, dass die Politik eine andere Lösung finden wird. Fast die Hälfte der Teilnehmer (44 Prozent) geht dagegen davon aus, dass die Politik das Thema aussitzen wird. Weitere 23 Prozent sind der Ansicht, dass alles auf Liberalisierung hinausläuft. 1 Prozent hatte keine Meinung. An der Umfrage nahmen am 29. und 30. November 471 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.