DAV-Wirtschaftsforum

„Unsere Geduld ist am Ende“

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Potsdam -

Einen Tag nach dem Treffen der ABDA-Spitze mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Fritz Becker als Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah das im Koalitionsvertrag zugesagte Rx-Versandverbot umzusetzen: „Wir fordern die Bundesregierung auf, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren in die Wege zu leiten“, sagte Becker beim DAV-Wirtschaftsforum in Potsdam.

Ohne ein Rx-Versandverbot werde mittelfristig die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gefährdet, so der DAV-Vorsitzende. Becker bezeichnete die einheitlichen Abgabepreise als „Eckpfeiler der Arzneimittelversorgung“. Durch das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 sei der Grundsatz der Gleichpreisigkeit aufgehoben worden. Es liege nun an der Politik, diesen Grundsatz wiederherzustellen. „Die einzige aktuelle Option hierzu ist das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Alle Alternativen dazu und andere Modelle sind absolut untauglich.“ Damit widersprach Becker dem vom CDU-Arzneimittelexperten Michael Hennrich geäußerten Vorschlag, statt eines Rx-Versandverbotes ausländischen Versendern das Arzneimittelhonorar zu kürzen und Rx-Boni den Krankenkassen zuzuführen.

Laut Becker bilden die Apotheken vor Ort einen „essentiellen Bestandteil der flächendeckenden Gesundheitsversorgung“. Für viele Patienten seien Apotheken die erste Anlaufstelle für gesundheitliche Fragen: „Unsere Leistungen bilden daher einen wichtigen Bestandteil der Daseinsvorsorge“. Damit spielten Apotheken eine wichtige Rolle bei der Unterstützung strukturschwacher Regionen in Zeiten des demographischen Wandels sowie der Belebung von Orts- und Stadtkernen, die die Regierung im Kapitel „Heimat mit Zukunft“ des Koalitionsvertrages festgeschrieben hat.

Außerdem würden Apotheken flächendeckend wohnortnahe qualifizierte Arbeitsplätze insbesondere für Frauen bieten: „Hierauf können wir stolz sein“, so Becker. Der DAV-Vorsitzende bot der Politik an, das niedrigschwellige, flächendeckende Versorgungsangebot der Apotheken auszubauen. Als Beispiele nannte Becker Impfbereitschaft und Diabetesberatung: „Wir als Apothekerschaft sind bereit, neue Versorgungsangebote zu entwickeln und umzusetzen.“

Dazu müsse die Rolle der Apotheken gestärkt werden. Die Apothekerschaft sei daher offen „die Arzneimittelpreisverordnung weiterzuentwickeln, sie zukunftssicher zu machen“. Becker: „Wir wollen über eine angemessene Honorierung der von den Apotheken erbrachten Leistungen sprechen und notfalls auch streiten.“ Diese Diskussion müsse jedoch auf „richtig festgelegten Prämissen beruhen“. Das sei beim Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) jedoch nicht gegeben.

„Wer in einer Zeit, in der seit Jahren die Zahl der Apotheken um über 200 pro Jahr sinkt, vermeintliches Einsparpotential in Milliardenhöhe ausweist, der blendet Realitäten aus.“ Stattdessen plädierte Becker dafür, den Apothekern die Möglichkeit zum Abschluss von Dienstleistungsverträgen mit den Krankenkassen einzuräumen: „Wir Apotheker können mehr als wir dürfen.“

Zu den ordnungspolitischen Eckpfeilern gehören für Becker die Apothekenpflicht, das Fremd- und Mehrbesitzverbot und der einheitliche Abgabepreis: „Daran darf nicht gerüttelt werden.“ Laut Becker hat die EU vor Kurzem über die Abschaffung der Apothekenpflicht für OTC-Medikamente diskutiert.

Ein Bekenntnis legte er zur Digitalisierung in der Apotheke ab: „Wir bekennen uns zum E-Rezept und zur E-Patientenakte. Wir stehen zur Gematik und zur Telematik-Infrastruktur.“ Darüber hinaus sollen bis Ende des Jahres alle Apotheken an das Securpharm-System angeschlossen sein, damit noch genügend Zeit bis zur endgültigen Einführung am 9. Februar 2019 bleibt. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren.

Aber auch im Patientenkontakt werde die Digitalisierung künftig eine noch größere Rolle spielen. Gemeinsam mit Softwarehäusern und Rechenzentren würden digitale Möglichkeiten für sichere Kommunikationswege zwischen Apotheke und Patient entwickelt. Eines stehe fest: „Die Apotheke vor Ort und ihr digitales Umfeld ist die klar bessere Alternative zum Versandhandel und macht ihn überflüssig“, so Becker.

Kritik übte er am Anfang Januar erfolgten Schiedsspruch zur Hilfstaxe. Dieser bedeute eine Gefahr für die flächendeckende Versorgung von Krebspatienten mit onkologischen Therapien. „Wir werden alles tun, dieser Zumutung Einhalt zu gebieten“, so Becker. Aus diesem Grunde habe der DAV gegen den Schiedsspruch Klage eingereicht. Auch über die anderen Bestandteile der Hilfstaxe müsse mit den Krankenkassen verhandelt werden: „Unsere Geduld ist nun zu Ende. Die notwendigen Beschlüsse werden wir am Freitag auf unserer Mitgliederversammlung.“

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