„Uns wird der Boden unter den Füßen weggezogen“ Laura Schulz, 10.10.2024 13:13 Uhr
Um vor den Auswirkungen der drohenden Apothekenreform zu warnen, trafen sich verschiedene Standesvertreter in der Hirsch-Apotheke am Bahnhof in Hamm mit ihrem Oberbürgermeister. Inhaber Martin Schwarzer sprach dabei auch den Grund für das Apothekensterben an: „Hauptursache ist die chronische Unterfinanzierung der Apotheken.“
Marc Herter (SPD), Oberbürgermeister von Hamm, hat sich in der Apotheke vor Ort über die aktuell schwierige Situation informiert sowie die geplante Apothekenreform. Mit dabei: Stephan Küching (Leiter des Gesundheitsamts Hamm), Amtsapothekerin Carola Hiltawsky, Thomas Rochell (Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, AVWL) und Kreisvertrauensapotheker Thomas Harren.
In den vergangenen 15 Jahren hat Hamm von 50 Apotheken bereits 15 verloren; ein Rückgang um 30 Prozent. Die Lage werde sich weiter zuspitzen, sollte sich an der Finanzierung der Vor-Ort-Apotheken nicht grundlegend etwas ändern, warnte Schwarzer. „Uns wird wirtschaftlich der Boden unter den Füßen weggezogen.“ Harren ergänzt: „Mittlerweile sind 10 Prozent der Apotheken defizitär und ein Drittel ist wirtschaftlich gefährdet.“ Dabei würden die Krankenkassen weiterhin doppelt so viel für die eigene Verwaltung ausgeben als für die Apotheken.
Zu den Plänen der Umverteilung aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat Rochell eine klare Meinung: „Das wird nicht funktionieren“, warnt er. „Das System ist ausgepresst. Da ist nichts mehr umzuverteilen. Kleine Apotheken würden nur in kaum messbarem Umfang von der geplanten Reform profitieren, dafür aber gerieten weitere, größere Apotheken in Schieflage.“
pDL können nicht alle
Zwar sei es grundsätzlich gut, dass Apotheken zunehmend auch für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) und Präventionsangebote wie vergütet werden. Solche pDL anbieten könnten jedoch nur gesunde Betriebe mit ausreichend Personal und Zeit, gibt Rochell zu bedenken. Hinzu komme, dass für die meisten Leistungen Approbierte benötigt werden, die das BMG nun gerade einsparen will.
„Ohne Apotheker in der Apotheke könnten wir auch keine Patienten mit starken Schmerzen mehr versorgen, keine Sterbenskranke. Die Versorgung der Menschen in Seniorenheimen würde erschwert“, klärt Schwarzer die Folgen für seinen Bürgermeister auf. „Es gäbe dann auch keine Impfungen mehr in Apotheken und keine umfassenden Medikationsberatungen“, fügte Harren hinzu.
Herter hörte beim Termin aufmerksam zu und fragte auch kritisch nach. Als Kommunalpolitiker könne er hier aber nichts versprechen. Er stehe aber mit seinem Parteikollege Karl Lauterbach in engem Kontakt und wolle sich darüber mit ihm austauschen, so das Versprechen.