Leipzig

Rechtsgutachten: Uni muss Pharmazie behalten

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Berlin -

Die drohende Schließung des Pharmazieinstitutes in Leipzig verstößt gegen geltendes Recht. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, dass die sächsischen Apotheker in Auftrag gegeben und heute vorgestellt haben. Mit der juristischen Einschätzung soll zum einen Klarheit über die Rechtslage geschaffen und zum anderen die Diskussion neu angestoßen werden. Seit fast zwei Jahren streitet Sachsen über das Pharmazieinstitut.

Rechtsanwalt Dr. Frank Selbmann stellt in seinem Gutachten gleich zwei Verstöße fest: Einerseits ist im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz festgelegt, dass Staatsexamensstudiengänge nur abgeschafft werden können, wenn das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) das Einvernehmen des Ministeriums einholt, das für die Prüfungen zuständig ist – in diesem Fall das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz (SMS). Sozialministerin Christine Clauß (CDU) hatte aber im September 2012 ihr Veto eingelegt.

Zum anderen habe der Fakultätsrat das Vorschlagsrecht zur Aufhebung von Studiengängen – Rektorat und Senat entscheiden über diesen Vorschlag. Der Fakultätsrat habe aber keinen Schließungsvorschlag unterbreitet, sondern der Schließung ausdrücklich widersprochen, so Selbmann.

Aus seiner Sicht muss daher der Studiengang Pharmazie weitergeführt werden. Die Universität sei an die Entscheidung des SMS gebunden und könne diese nicht durch eigene Beschlüsse ersetzen. Auch eine Umgehung des Vetos sei nicht zulässig: Es sei nicht statthaft, die Zulassungszahl für Studienbewerber abweichend von der tatsächlich errechneten Aufnahmekapazität festzusetzen.

Der Streit um das Pharmazieinstitut begann schon vor zwei Jahren: Der Hochschulentwicklungsplan der sächsischen Landesregierung verpflichtete die Universität Leipzig zur Streichung von 48 Stellen bis 2014. Rektorin Professor Dr. Beate Schücking teilte mit, unter anderem den Studiengang Pharmazie zu streichen.

Das Veto von Clauß änderte daran nichts: Nach wie vor soll das Institut geschlossen werden. Unterstützt wird Schücking von der Wissenschaftsministerin Professor Dr. Sabine von Schorlemer (parteilos). Erst in der vergangenen Woche hatte sie auf eine Kleine Anfrage der Linken die Pharmazie als Studiengang gelistet, dessen „Einstellung geplant“ sei.

Derzeit werde der Studiengang ausgetrocknet, kritisiert Dr. Holger Herold, Vorstandsmitglied der Sächsischen Landesapothekerkammer: „Das Schließungsverbot wird umgangen.“ In diesem Jahr wurden nur 36 Studenten immatrikuliert – statt wie bisher rund 50. Aus Herolds Sicht ist dies Folge einer falschen Kapazitätsberechnung, die das SMWK hat durchgehen lassen.

Er ist überzeugt: Das Rechtsgutachten bringt politische und öffentliche Klarheit, dass das Fachministerium seine Genehmigung erteilen müsste. Es müsse im Interesse der Steuerzahler sein, die flächendeckende Arzneimittelversorgung zu sichern, so Herold. Darum sollte darüber aufgeklärt werden, wie die Entscheidung der Sozialministerin umgangen wird. „Das kann man nicht ignorieren“, sagt Herold.

Apothekerkammer und -verband in Sachsen fordern die Politik dazu auf, dem Sicherstellungsauftrag gerecht zu werden, den Erhalt der Studienplätze zu garantieren und das Institut mittelfristig auf mindestens 80 Plätze auszubauen. Eine höhere Zahl an Absolventen könne das Fachkräftedefizit zumindest lindern.

Die Abiturienten ließen sich von der Diskussion um die Zukunft des Pharmazieinstitutes nicht abschrecken: Für das Wintersemester hatten sich in Leipzig 300 Schüler beworben, mehr als in Halle und Jena.

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