Als Apotheker wird man derzeit aus der Union nicht schlau: Erst schreibt die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Annette Widmann-Mauz, an den Pharmahändler Celesio und den Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA), ihre Partei werde den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unangetastet lassen. Doch plötzlich verspricht der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, Wolfgang Zöller, in einem Brief an die Bundesapothekerkammer, die Union werde die Bundesratsinitiative von Sachsen und Bayern unterstützen. Auf Nachfrage von APOTHEKE ADHOC heißt es aus den zuständigen Büros: Eine einheitliche Fraktionsmeinung gibt es derzeit nicht.
Einigkeit scheint bei der Union immerhin darüber zu bestehen, den ungeliebten Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten das Wasser abzugraben: „Die Gefahren liegen, durch den leichten Zugang und die gegebenenfalls unreflektierte Arzneimitteleinnahme, vorwiegend beim Pick-up“, schrieb schon Widmann-Mauz vor einigen Wochen. Diese nicht abzusehende Variante des Versandhandels sei „einzudämmen“.
Der „face-to-face“-Versandhandel sollte nach dem Willen der Bundestagsfraktion aber weiterhin möglich sein, stellte Widmann-Mauz in ihrem Schreiben klar. Jetzt ruderte die baden-württembergische Politikerin zurück: Fraktionsbeschlüsse zum Thema gebe es nicht, teilte Widmann-Mauz auf Nachfrage mit.
Auch Zöller sieht in den Pick-up-Stellen „eine erhebliche Schwächung der Arzneimittelsicherheit, der Arzneimittelversorgung und des Verbraucherschutzes“. Im Gegensatz zu Widmann-Mauz hat Zöller allerdings Zweifel, dass ein Verbot tatsächlich möglich ist, ohne den Rx-Versand zu untersagen.
Insofern stimmten die Unionsparteien mit der „Forderung von Bayern und Sachsen zur Rückführung des Versandhandels auf das europarechtlich notwendige Maß überein und unterstützen diese“, heißt es in Zöllers Brief - verfasst im Auftrag des Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder.
Dessen Referentin bestätigte gegenüber APOTHEKE ADHOC: „Herr Kauder ist gegen den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.“ In den kommenden Wochen und Monaten werde es einen Beschluss der Fraktion zum Thema geben, kündigte die Referentin an. Zu den gegensätzlichen Briefen im Namen der Fraktion sagte sie: „Man hätte vorher darüber sprechen können.“
Doch in der Union gibt es Zweifel, dass sich die Partei vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr noch ein klares Bekenntnis abringt. Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, die Verfasser der Briefe wollten sich nur Liebkind machen mit bestimmten Lobbygruppen. Eine „Fraktionsmeinung“ mache noch keine Gesetze.
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