Die Apotheker sind im Kampf gegen Retaxationen noch keinen Schritt weiter: Das Schiedsverfahren zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) hat noch zu keiner Lösung geführt. Da parallel immer wieder Fälle von fragwürdigen Retaxationen bekannt werden, bekommen die Apotheker nun Hilfe aus der CDU-Fraktion: Der Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne (CDU) will in der Sache Druck machen.
Apotheker Wolfram Schmidt hatte sich in einem offenen Brief an Kühne gewandt und seinen Unmut über das Retax-Verhalten der Krankenkassen kundgetan. Seine Mühlen-Apotheke in Northeim liegt in Kühnes Wahlkreis, der für die CDU im Gesundheitsausschuss des Bundestags sitzt. Schmidt hat das Gefühl, dass sich einige Kassen inzwischen „einen Sport daraus machen“, Formfehler auf den Rezepten zu finden, um nicht bezahlen zu müssen.
Kühne stimmt zu, dass auch im Sinne einer hochwertigen Patientenversorgung „schnellstmöglich eine adäquate Lösung gefunden werden muss“. Die Apotheker benötigten dringend ein „rechtssicheres und praxistaugliches Abrechnungsverfahren“, welches gleichzeitig Patienten eine schnelle und unkomplizierte Medikamentenversorgung garantiere, schreibt der CDU-Abgeordnete.
Kühne verspricht, selbst aktiv zu werden: „Aus diesem Grund werde ich mich mit dem zuständigen Berichterstatter und mit den Verhandlungspartnern der Selbstverwaltung zeitnah zusammensetzen und versuchen, das Verfahren zu beschleunigen.“ In der Unionsfraktion ist Michael Hennrich (CDU) für Arzneimittel zuständig.
Das erste Treffen vor der Schiedsstelle Anfang Januar brachte noch keine Lösung. Kassen und Apotheker haben sich vertagt. Unter der Leitung von Dr. Rainer Hess soll es im Februar eine zweite Verhandlungsrunde geben. Wenn Kühne noch auf die Verhandlungspartner einwirken will, muss er sich also beeilen.
Kühne ist in der Arbeitsgruppe Gesundheit für den Bereich Heilmittel zuständig. Daher kennt er das Problem aus therapeutischen Praxen, ist sogar selbst gelernter Physiotherapeut. „Auch hier kommt es immer wieder zu Fällen, bei denen eine nicht ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung von den Krankenkassen retaxiert wird und so den Therapeuten die notwendige Erstattung für Ihre erbrachte Leistung verwehrt bleibt“, schreibt Kühne. Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, „unberechtigte Regressforderungen bei Retaxationen gegenüber Heilmittelerbringern“ zu unterbinden.
Und Kühne hielt sein Wort: In den Verhandlungen zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz habe er sich dafür eingesetzt, dass Vertragsärzte zum Einsatz tauglicher Praxissoftware verpflichtet werden. Ab 2017 dürfen sie nur noch eine EDV nutzen, „welche bereits im Prozess des Ausstellens einer Heilmittelverordnung auf Formfehler achtet und nur korrekt ausgestellte Verordnungen zulässt“, so Kühne. Auch die Ärzte haben den Kassen mehr Nachsicht abgerungen.
Ähnliches hätte sich Kühne auch für die Apotheken gewünscht: „Es ist meiner Einschätzung nach völlig unverständlich, warum die gleiche Problemstellung bei den Therapeuten mit einer Softwareumstellung zu lösen ist, bei den Apothekern die Klärung aber durch ein Schiedsverfahren herbeigeführt werden muss.“
Zumindest einige Retaxationen ließen sich auch in Apotheken vermeiden, wenn die Ärzte weniger Fehler bei der Verordnung machten. Mit dem E-Health-Gesetz werden die Mediziner verpflichtet, ihre Praxis-Software künftig alle zwei Wochen zu aktualisieren. Auch für dieses Vorhaben hatte sich Kühne eingesetzt.
Apotheker Schmidt hatte in seinem Brief anschaulich geschildert, dass er im Notdienst quasi jedes zweite Rezept wegen Formfehlern nicht beliefern dürfe. Er hatte seinen CDU-Abgeordneten sogar zu sich in die Apotheke eingeladen, damit sich dieser selbst ein Bild machen könne. Dabei könne sich Kühne überzeugen, wie viele Rezepte eigentlich zurück zum Arzt gehen müssten.
Da die Apotheker von der Politik schon öfter damit vertröstet worden seien, dass das Problem von der Selbstverwaltung geregelt würde, will Schmidt jetzt eine gesetzliche Lösung. Kühne soll in seiner Funktion als Mitglied des Gesundheitsausschusses einen entsprechenden Antrag einbringen: „Hierbei sollte per Gesetz oder Verordnung bestimmt werden, dass es für Krankenkassen unzulässig ist, wegen geringer formaler Fehler die Zahlung unzweifelhaft vollbrachter Leistungen zu verweigern“, fordert der Apotheker. Die Kassen sollten verpflichtet werden, aufgrund ärztlicher Verordnungen sachlich richtig gelieferte Arzneimittel auch zu bezahlen.
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