Die CDU will die Sicherheit der Arzneimittelversorgung in Deutschland durch die Rückverlagerung der Produktion nach Europa erhöhen – und dazu, wenn möglich, auch Hersteller dazu verpflichten, hier produzierte Wirkstoffe zu verwenden. Das geht aus dem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU für die Bundestagswahl am 26. September hervor. Großen Reformbedarf im Apothekenwesen sehen die Schwesterparteien anscheinend nicht, die Branche kommt im Programm nicht vor.
Die Union plant im Falle eines Wahlsieges eine „Souveränitätsoffensive“ bei der Arzneimittelproduktion. „Wir wollen einen freien Handel ohne einseitige Abhängigkeiten – insbesondere bei der Produktion von Arzneimitteln und medizinischer Ausstattung.“ Ziel sei es, Deutschlands und Europas Unabhängigkeit zu stärken und die Wertschöpfungsketten „souveränitätskritischer medizinischer Produkte“ in die EU zurückzuholen. „Dafür wollen wir mit unseren Pharma-Unternehmen dafür sorgen, dass kritische Schutzkleidung, medizinische Geräte sowie alle wichtigen Medikamente in mindestens einer Variante in Europa produziert werden.“
Um die Verfügbarkeit versorgungsrelevanter Arzneimittel sicherzustellen, will die Union auf europäischer Ebene vorfühlen: Es solle geprüft werden, „welche Maßnahmen in Betracht kommen, damit in Krisenfällen versorgungsrelevante Arzneimittel in ausreichender Menge in der EU zur Verfügung stehen, zum Beispiel durch eine entsprechende Änderung des europäischen Vergaberechts“. Auch, ob das deutsche Vergaberecht so geändert werden kann, dass Arzneimittelhersteller verpflichtet werden können, bei der Herstellung von versorgungsrelevanten Arzneimitteln in der EU hergestellte Wirkstoffe zu verwenden“. Für besonders versorgungskritische Wirkstoffe sollen Maßnahmen wie eine staatliche Lagerhaltung oder Notfallkapazitäten getroffen werden, „um eine Produktion auf Abruf zu ermöglichen“.
Gleichzeitig solle die Entwicklung neuer Impfstoffe und Antiinfektiva durch Anreize von Forschung bis Erstattung gefördert werden. Damit die schneller verfügbar werden, wolle eine künftige unionsgeführte Bundesregierung darauf hinwirken, dass die Zulassungsstellen schneller als bisher ausgebaut werden. In der Pandemie habe sich gezeigt, wie zügig die Prüfung und Genehmigung klinischer Studien durch die Zulassungsbehörden in Deutschland ohne Abstriche an der Qualität gelingen kann, wenn die Ressourcen gebündelt werden. „Diese zügige Bearbeitung entsprechender Anträge wollen wir auch für die Zeit nach der Pandemie erhalten und werden daher das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte finanziell und personell verstärken.“
Noch mehr Geld und Personal soll nach dem Willen der Union das Robert-Koch-Institut erhalten: Es solle zum „deutschen Public-Health-Institut“ ausgebaut werden. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit müsse es in Zukunft noch viel stärker bei der Bekämpfung von epidemischen Gesundheitsgefahren tätig sein und sich noch stärker mit den Gesundheitsbehörden der Länder und Kommunen, aber auch international vernetzen. „Dafür braucht es die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen.“
Auch das Tempo von Forschung und Entwicklung will die Union erhöhen – unter anderem durch einheitliche Vorgaben beim Datenschutz, bei länderübergreifenden Studien oder der Einführung verbindlicher Musterverträge für klinische Prüfungen. Auch sollen Pharmaunternehmen zu Forschungszwecken besseren Zugang pseudonymisierten Versorgungsdaten erhalten. Eine weitere Lehre aus der Pandemie – auch wenn es im Wahlprogramm nicht explizit so genannt wird: „Investoren und Forscher können sich darauf verlassen, dass in Deutschland auch weiterhin der Patentschutz gilt.“
Den Apothekenmarkt im engeren Sinne adressiert die Union – im Gegenteil beispielsweise zu Kliniken oder Pflege – nicht. Generell heißt es lediglich, dass alle Bürger:innen „einen digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg“, zu wichtigen Versorgungsangeboten wie Haus-, Fach-, Zahnarzt- und Notfallversorgung, aber auch zu Apotheken, Hebammen, Physiotherapeuten und Sanitätshäusern haben. Sollte Spitzenkandidat Armin Laschet Kanzler werden und dann Wort halten, könnten Apotheken zumindest indirekt von den versprochenen Reformen profitieren: „Wir haben uns in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten öfter selbst ein Bein gestellt. Mit unseren Steuervorschriften kann man ganze Regale füllen, unsere Bürokratie entwickelt sich häufig zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“, erklärte Laschet am Montag bei der Vorstellung des Programms. Sein Ziel sei deshalb, durch schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie weniger Vorschriften ein flexibleres Wirtschaftsleben zu ermöglichen.
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