Wettbewerbszentrale

„Unglückliche Situation für Apotheken“ Alexander Müller, 19.06.2009 11:58 Uhr

Berlin - 

Deutschlands Apotheker haben dazugelernt: Die Wettbewerbszentrale musste im vergangenen Jahr seltener wegen Formalverstößen und irreführender Werbung gegen die Pharmazeuten vorgehen. Dafür werden die Fälle komplizierter, berichtete Rechtsanwältin Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale. Ein Grund: In Deutschland gibt es noch immer keine rechtliche Klarheit darüber, ob ausländische Versandapotheken sich an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung halten müssen oder nicht. Das hat Köber zufolge eine deutsche Apotheke ausgenutzt und eine Scheinapotheke in den Niederlanden gegründet. Die deutsche Apotheke gewährt ihren Kunden auf diesem Weg Rabatte auf rezeptpflichtige Arzneimittel. Die Wettbewerbszentrale geht gerichtlich dagegen vor.

Der Klassiker unter den Verstößen bei Apotheken sind Köber zufolge Bonustaler oder Rabattprogramme, bei denen Apotheken auch für rezeptpflichtige Arzneimittel Sammelpunkte ausgeben. Hierzu gibt es entgegengesetzte Urteile unterschiedlicher Oberlandesgerichte: „Je nachdem, in welchem Bezirk die Apotheke liegt, ist das erlaubt oder nicht. Das ist eine ganz unglückliche Situation für Apotheken“, sagte Köber. Die Wettbewerbszentrale strebt eine höchstrichterliche Klärung in dieser Frage an. Köber erwartet das Urteil des Bundesgerichtshofs Anfang 2010.

Während die Verstöße von Apotheken rückläufig sind, blieb die Fallzahl im gesamten Gesundheitssektor 2008 konstant. Etwa 1200 Vorgänge hat Köber im vergangenen Jahr behandelt, in 30 Fällen kam es zu einem Gerichtsverfahren. „Neue Entwicklungen in der Gesundheitsbranche spiegeln sich schnell in der Arbeit der Wettbewerbszentrale wider - rechtliche Grenzen werden neu ausgelotet“, so Köber.

Besonders deutlich sei dies im Wettbewerb der Krankenkassen um Versicherte. Zwar sei durch den Einheitsbeitrag der Beitragssatz als wesentliches Marketinginstrument weggefallen. Doch in der Werbung beweisen die Kassen Köber zufolge Phantasie: Einige warben mit Schnuppermitgliedschaften, ohne zu erwähnen, dass eine Rückkehr in die alte Kasse danach nicht ohne Weiteres möglich ist. Andere versprachen Prämien von 200 Euro, wenn die Versicherten nicht mehr in die Geschäftsstellen der Kasse kommen.

Auf Herstellerseite hat es die Wettbewerbszentrale hauptsächlich mit unzulässiger Werbung zu tun: Ein Unternehmen hatte für sein Produkt Indikationsgebiete angegeben, für die es überhaupt nicht zugelassen war. Ein anderer Hersteller hatte sein als Arzneimittel kurzerhand zum Kosmetikum deklariert, um besser dafür werben zu können. Ein Kaufland im Raum Regensburg warb noch dreister: „Neu im Sortiment: Apothekenpflichtige Arzneimittel“, hieß es in der Werbung. Die Wettbewerbszentrale erwirkte eine Unterlassungserklärung.