BVDAK-Chef Dr. Stefan Hartmann ist voll des Lobes für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Die Apotheken würden derzeit die öffentliche Anerkennung erhalten, die ihnen zustehe. Er warnt jedoch: Zwar seien kürzlich viele richtige Schritte gemacht worden. „Doch es ist zu befürchten, dass wir spätestens nach Corona in ein altes Denken zurückfallen“, so Hartmann. Das Beispiel der Pflegemitarbeiter mahne die Apotheken zur Wachsamkeit, wenn sie ihre neuen Pfründe gegenüber der Politik verteidigen wollen.
Alle forderten derzeit zu Recht Respekt vor den Pflegemitarbeitern, so Hartmann. Doch die von Spahn zugesagte Corona-Prämie über 1500 Euro wollen die Pflegekassen nicht zahlen und auch sonst niemand übernehmen. Ähnlich könne es den Apothekern bei ihren Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband über Dienstleistungshonorare ergehen. „Und wehe, es gelten wieder die alten Rabattvertragsregeln. Dann dauert es nur einige Tage, bis die Krankenkassen damit beginnen werden, erneut ihre irrsinnigen Retaxierungen zu starten“, so Hartmann.
„Vielleicht können wir noch mehr Lehren aus der Krise ziehen“, meint der BVDAK-Vorsitzende. Sars-CoV-2 sei schließlich nicht ohne Vorwarnungen gekommen, vielmehr hätten die Pandemie-Pläne seit 2012 in den Schubladen des Robert-Koch-Instituts (RKI) gelegen. Insbesondere digitale Hilfsmittel könnten einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung in solchen Krisen leisten. Aber auch gesellschaftliche Fragen würden aufgeworfen, zum Beispiel die, warum in Deutschland eine PTA oder Altenpflegerin nur etwa die Hälfte von dem verdiene, was eine kaufmännische Fachkraft in der Automobilindustrie erhält. Für Apotheker sei es wünschenswert und machbar, nicht nur am Ende der Lieferkette aktiv zu sein, sondern wie es der Branchenkenner Malte W. Wilkes kürzlich formulierte, auch am Beginn der Kundenkette, etwa bei der Grippeimpfung, die der BVDAK sehr begrüße.
Mit den kürzlichen Neuregelungen seien wichtige Probleme aufgegriffen worden: So sei es „nicht mehr hinnehmbar“, dass Apotheken wegen der inzwischen über 27.000 Rabattverträge bis vor kurzem einen Beratungs- und Verwaltungsaufwand betrieben hätten, der sich weder rechnet noch im Einzelfall zu einer akzeptablen Versorgung geführt habe. Zurecht dürften Apotheker deshalb ab sofort bei nicht Lieferbarkeit von Arzneimitteln von der Verordnung der Ärzte im Sinne der neuen Regelung abweichen. Außerdem sei es nötig und richtig zu begrüßen, dass der Staat die Wirkstoffproduktion in die EU zurückholen wolle. Bei Arzneimitteln und Medizinprodukten bis hin zu Schutzmasken dringend eine „Entglobalisierung“ erforderlich, so Hartmann.
Für Spahn findet Hartmann warme Worte: Der BVDAK bedanke sich im Namen seiner Mitglieder und deren Apothekenleiter sowie ihrer Mitarbeiter für das öffentliche Lob des Bundesgesundheitsministers. „Damit hebt er einerseits die systemrelevante Funktion unserer Versorgung noch einmal hervor“, so Hartmann. „Gleichzeitig ist es ein Danke für unsere täglichen Anstrengungen bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus, um in der Corona-Krise den Patienten ein verlässlicher Partner zu sein.“ Das öffentliche Lob gibt Hartmann direkt an Spahn zurück: „Unser Bundesgesundheitsminister hat seinen Job bisher sehr verantwortungsvoll und professionell gehandhabt“, sagt er.
Es sei erfreulich festzustellen, dass die stationären Apotheken im gemeinsamen Handeln der Gesundheitsberufe die gebotene öffentliche Anerkennung durch Politiker aller demokratischen Parteien erhalten. Es bleibe die Hoffnung, dass sich nach der Krise daran nichts ändere. Manchmal erkenne die Politik sogar, dass zunächst in der Not getroffene Maßnahmen wie die nun geltende Substitutionsregelung bei Rabattarzneimitteln sehr viel effizienter und patientenfreundlicher seien als die „alten, starren und überbürokratischen Regelungen“. Auch die von der GKV kritisierte Extra-Vergütung des Botendienstes begrüße der Verband als ein „völlig gerechtfertigtes Honorar“, um den Patienten weitere Außer-Haus-Gänge zu ersparen.
Dabei hatte Hartmann erst kürzlich noch die Initiativen des Bundesgesundheitsministers kritisiert. Die Einmalzahlung von 250 Euro an Apotheken zur Beschaffung von Schutzausrüstung sei zwar ein guter Schritt, gehe aber nicht weit genug, so Hartmann vorvergangene Woche. Vielmehr sei eine angemessene Vergütung für den stark gestiegenen Beratungsbedarf sowie Aufwendungen in den Apothekenbetriebsräumen zu gewähren. „Der BVDAK schlägt deshalb vor, für die Zeit der Pandemie den Fixzuschlag nach § 3 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung entsprechend rückwirkend ab dem 16. März 2020 zu erhöhen oder aber zumindest den Kassenabschlag nach § 130 Abs. 1 SGB auszusetzen“, erklärte Hartmann. Außerdem sollen die Rabattverträge über die Dauer der Coronakrise hinaus ausgesetzt bleiben.
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