Das Bundessozialgericht (BSG) hat die freie Apothekenwahl eingeschränkt: Am Mittwoch segneten die Richter die Zyto-Verträge der AOK Hessen ab. Apotheker, die keine Vertragspartner sind und trotzdem Zytostatika an ihre Patienten abgeben, dürfen demnach auf Null retaxiert werden. Nicht nur die betroffenen Apotheker fühlen sich von der Entscheidung vor den Kopf gestoßen, sondern auch die Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC.
52 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage halten die Entscheidung für einen „Skandal“. Dadurch würden Patienten eines Grundrechts beraubt. Weitere 38 Prozent sehen das Ganze noch fatalistischer: Die Entscheidung sei zwar kritisch, aber nicht anders zu erwarten gewesen: Das BSG entscheide immer für die Kassen, meinen sie.
Auf der Seite des BSG stehen immer 10 Prozent der Teilnehmer: Die eine Hälfte meint, das Urteil sei gut begründet, schließlich gebe es im Bereich der Zytostatika-Zubereitungen ohnehin keine Apothekenwahl. Die anderen 5 Prozent finden, die Entscheidung bringe Bewegung und Transparenz in den Markt. 1 Prozent hatte keine Meinung. An der Umfrage nahmen am 25. und 26. November 2015 insgesamt 516 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.
Die AOK hatte 2013 die Versorgung ihrer Versicherten mit Zytostatika-Zubereitungen an insgesamt zwölf Apotheken im Land vergeben. Doch einige Apotheken belieferten Arztpraxen und Versicherte weiterhin mit Rezepturen. Die AOK retaxierte.
Zu recht, wie nun das BSG befand. Aus Sicht der Richter wiegt das Wirtschaftlichkeitsgebot schwerer als die freie Apothekenwahl, auf die sich ein betroffener Apotheker berief. In dem Verfahren ging es um rund 70.000 Euro, eine Retaxation aus Dezember 2013. Insgesamt haben mehr als ein Dutzend Apotheken in Hessen Zytostatika im zweistelligen Millionenwert an AOK-Versicherte abgegeben ohne Vertragspartner der Kasse zu sein.
Die Richter hatten argumentiert, Patienten hätten im Bereich der Zytostatika-Zubereitungen ohnehin keine Wahlfreiheit. Schließlich arbeiteten Arzt und Apotheke dabei eng zusammen. Dass das überhaupt möglich ist, erlaubt eine Ausnahme vom Abspracheverbot im Apothekengesetz.
Darauf hatte die AOK abgezielt und vorgebracht, dass Patienten bei dieser Versorgung keinen Einfluss auf die Wahl der Apotheken hätten – anders als wenn sie ein Rezept erhielten, dass sie natürlich in jeder Apotheke einlösen könnten.
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