Rx-Boni-Verbot, E-Rezept, Impfen

Turbulente Zeiten: Das bringt 2020

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Berlin -

Im neuen Jahr müssen sich die Apotheker erneut auf Veränderungen und Überraschungen einstellen: Mitte Januar wird aus Brüssel von der EU-Kommission die Stellungnahme zum geplanten Rx-Boni-Verbot erwartet. Im Juni will die Gematik das Regelwerk für das E-Rezept präsentieren. Bis zum Herbst müssen alle Apotheken an die TI der Gematik angeschlossen sein. Die Apotheker müssen zudem mit den Krankenkassen über Modellprojekte für Grippeschutzimpfungen verhandeln. Und irgendwann muss die ABDA einmal sagen, für welche pharmazeutischen Dienstleistungen sie künftig Honorar verlangen will. 150 Millionen Euro sind im Topf. 2020 dürfte also mindestens so spannend und unruhig werden wie das abgelaufene Jahr.

Vom für Mitte Januar erwarteten Votum der EU-Kommission hängt für die Apotheken viel ab: Nur im Fall der – wenig wahrscheinlichen – Zustimmung zum im VOASG geplanten Rx-Boni-Verbot dürfte das Apothekenstärkungsgesetz rasch verbschiedet werden. Sollte die EU-Kommission Nein sagen oder Auflagen machen, startet die politische Kontroverse in eine weitere Runde. Die politischen Positionen sind bekannt: Die SPD will keinem Gesetz zustimmen, das europarechtliche Risiken beinhaltet. Damit scheidet ein Festhalten am Rx-Boni-Verbot gegen ein Votum der EU-Kommission aus. Eine weitere Klage wegen Vertragsverletzung will die SPD nicht riskieren.

Andererseits haben führende CDU-Gesundheitspolitiker wie Micheal Hennrich bereits angekündigt, auch einem geringfügigen Boni-Deckel nicht zuzustimmen. Damit scheidet das bereit vor zwei Jahren von Edgar Franke und Sabine Dittmar erarbeitete Kompromissmodell als Ausweg aus. Nicht mittragen wird die SPD wiederum die Rückkehr zum Rx-Versandverbot, wie es in der Unionsfraktion erwogen wird. Womöglich droht daher ein komplettes Scheitern des Apothekenstärkungsgesetzes. Denn fraglich ist, ob sich Union und SPD darauf verständigen können, die darin enthaltenen pharmazeutischen Dienstleistungen als einzigen VOASG-Restposten zu verabschieden.

Trotzdem wird die ABDA nicht umhinkommen, ihre Ideen zu pharmazeutischen Dienstleistungen zu präsentieren. Bisher stand dabei das Medikationsmanagement einschließlich Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) im Zentrum der Überlegungen. In den letzten Monaten wurden dazu Vorschläge von einer Arbeitsgruppe entwickelt. Interessant wird sein, ob – und wenn ja – welche Honorarforderungen die ABDA damit verbindet. Die Pharmaziestudierenden verlangen schon mal 1,15 Euro pro Minute. Das VOASG sieht für neue pharmazeutische Dienstleistungen einen Betrag von 150 Millionen Euro vor. Die Kassen sollen verpflichtet werden, über die Inhalte mit der Apothekerschaft Verträge zu schließen und einen Fonds einzurichten – vergleichbar mit dem Nacht- und Notdienstfonds.

Vermutlich wird die ABDA die Medikationsanalyse ins Zentrum ihrer Überlegungen stellen. Spannend ist hier die Frage, ob dies für alle Patienten gilt oder nur für solche mit fünf und mehr regelmäßigen Medikationen, wie es die ABDA bereits vor Jahren für sinnvoll hielt. Hierfür kämen laut Statistik etwa vier bis fünf Millionen sogenannte multimorbide Patienten in Frage. Der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgesehene 150 Millionen Euro schwere Honorartopf reicht aber bei weitem nicht aus, um das einmal angedachte Honorar von rund 100 Euro für eine Medikationsanalyse zu finanzieren. Bei fünf Millionen Patienten blieben gerade einmal 30 Euro pro Jahr und Patient übrig – und für weitere pharmazeutische Dienstleistungen wäre der Topf bereits leer.

Im Januar oder Februar 2020 will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sein Gesetz zur elektronischen Patientenakte (ePA) vorstellen. Wegen Problemen mit dem Datenschutz hatte er die ePA aus dem Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) ausgeklammert. Im DVG II könnte Spahn auch noch offene Frage zum E-Rezept regeln: Beispielsweise wer den ausländischen Versandapotheke über die Gematik TI den Zugang zum E-Rezept ermöglicht. Erwartet wird, dass statt der Apothekerkammern die Gematik mit der Ausgabe der dazu erforderlichen SMB-C-Ausweise beauftragt wird. Die ABDA hofft zudem weiter darauf, dass der Gesetzgeber dem E-Rezept des Deutschen Apothekerverbandes eine Monopolstellung einräumt. Auch das könnte im DVG II geregelt werden.

Mitte 2020 wird dann die Gematik die sogenannten Spezifikationen zum E-Rezept präsentieren. Das Regelwerk legt die technischen und organisatorischen Details fest, die alle E-Rezept-Anbieter erfüllen müssen. Daran müssen sich dann alle Pilotprojekte messen lassen, um eine Zulassung zu erhalten. Wenn alle Apotheken Ende 2020 angeschlossen sein werden, kann dann nicht nur das E-Rezept starten, sondern auch die ePA in den Apotheken ankommen. In die ePA integriert werden soll das eMedikationsmanagement. Ob die Apotheker für ihre Mitwirkung wie von Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe versprochen ein Honorar erhalten, steht in den Sternen. Die Chancen stehen aber nocht gut: „Im Moment steht das nicht auf unserer Agenda. Wir müssen zudem auch bedenken, dass bei dieser Aufgabe perspektivisch vieles der Computer übernehmen kann. Ich halte das nicht für eine zukunftsträchtige Option für die Apotheker“, so CDU-Gesundheitspolitikerin Gisela Maag in der PZ.

Und auch 2020 werden weitere Veränderungen den Apothekenmarkt prägen: Der Zukunftspakt von Noweda und Burda wird mit der Initiative Pro AvO die Plattformökonomie vorantreiben. Player in diesem Spiel ist auch die niederländische Versandapotheke DocMorris, die versuchen dürfte neben den Kooperationen mit Fach-, Haus- und Teleärzten auch mit Krankenkassen ins Geschäft zu kommen. Bestellplattformen für Arzneimittel mit schnellem Lieferservice stellen die Vopr Ort Apotheken vor neue Herausforderungen. Schon jetzt empfehlen Gesundheitspolitiker das Überdenken der klassischen Geschäftsmodelle.

Hier zeigt sich die Apothekerschaft noch vorsichtig. Per Gesetz hat Spahn den Weg zu Modellprojekten für Grippeschutzimpfungen frei gemacht. Es wird die Aufgabe der Bundesapothekerkammer sein, dafür Leitlinien zu entwickeln. Teilweise müssen womöglich Berufsordnungen angepasst werden. Auch muss mit den Krankenkassen verhandelt werden. Wie viele Kammern und Verbände sich überhaupt an Pilotprojekten beteiligen wollen, ist unklar. Für manche Gesundheitspolitiker ist das der „Lackmustest“ der Zukunftsfähigkeit des Heilberufs.

Und nicht zuletzt muss sich 2020 die ABDA einen neuen Vorsitzenden suchen. Gewählt wird Dezember. Zum Jahresende steht auch die Wahl des DAV-Vorsitzenden an. Fritz Becker hat offengelassen, ob er für eine weitere Amtszeit kandidieren will. Auch der Präsident der Bundesapothekerkammer muss neu gewählt werden.

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