Medikamente sind nach Angaben des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) vom neuen US-Zollpaket ausgenommen. Die Pharmabranche sei damit vorerst nicht von den pauschalen Zöllen von 20 Prozent auf Importe aus der EU betroffen, sagte vfa-Chefvolkswirt Dr. Claus Michelsen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass Zölle auf Pharmazeutika möglicherweise in einer weiteren Runde kommen könnten. Unter die von Donald Trump angekündigten Zölle fielen allerdings Vorprodukte wie sterile Schläuche, die in der Arzneiproduktion gebraucht würden.
Für die deutsche Pharmabranche sind die USA das wichtigste Exportland. 2024 gingen laut vfa Waren im Wert von 27 Milliarden Euro und damit knapp ein Viertel (23,6 Prozent) der deutschen Pharmaexporte in die USA. Umgekehrt habe Deutschland Pharmazeutika im Wert von 12,2 Milliarden Euro (17 Prozent) aus den USA importiert sowie gut zwölf Prozent der Vorprodukte, etwa Grundstoffe und Chemikalien.
Im Ernstfall eines Handelskriegs könnten sich Vorprodukte stark verteuern oder zeitweise ganz fehlen, hatte Michelsen bereits vor Wochen gewarnt. „Damit würde die Arzneiproduktion in Deutschland unter Druck geraten mit Folgen für die Medikamentenversorgung und die Beschäftigten in der Pharmaproduktion.“
Auch die Abda fürchtet, dass sich US-Zölle negativ auf die Arzneiversorgung in Deutschland auswirken könnten. „Für die deutsche und europäische Pharmaindustrie sind die USA ein wichtiger Absatzmarkt. Wenn der durch erhöhte Zölle behindert wird, kann das dazu führen, dass die Produktion in Deutschland durch mangelnde Wirtschaftlichkeit eingeschränkt wird“, sagte Abda-Präsident Thomas Preis der Funke-Mediengruppe. Die Lieferketten seien schon seit Jahren instabil, kontinuierlich fehlten rund 500 Arzneimittel.
Mögliche Zölle bereiten auch Pharma Deutschland Sorgen: „Ein Handelskrieg mit Zöllen auf Arzneimittel beeinträchtigt die Patientenversorgung erheblich. Diese Zölle und die erwarteten Gegenmaßnahmen der EU werden zu deutlich höheren Preisen und einer mindestens vorübergehend erheblich schlechteren Verfügbarkeit von Therapien führen. Auch die Herstellungskosten könnten erheblich steigen, was zu Produktionsverlagerungen führen könnte – ebenfalls auf beiden Seiten. Gewinner gibt es dabei keine“, so Hauptgeschäftsführerin Dorothee Brakmann.
Die Arzneimittelversorgung müsse dringend resilienter aufgestellt, Lieferketten diversifiziert und mehr Arzneimittelproduktion nach Europa geholt werden, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Dafür brauche es „ein neues gesundheitspolitisches Mindset“, so Brakmann weiter: „Wir müssen einen klaren Konsens darüber haben, was uns eine stabilere und resilientere Arzneimittelversorgung wert ist.“ Die wichtigen Fragen bei dem Thema müssten unabhängig davon, ob Donald Trump Arzneimittel in seine Zollaktivitäten einschließt oder nicht, dringend geklärt werden.
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf ein Informationsblatt des Weißen Hauses berichtete, bleibt die Pharmabranche zumindest vorerst von den zusätzlichen Abgaben verschont. Aktien aus dem Pharmabereich hatten sich am Donnerstag nach den umfangreichen Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump robust gezeigt. Die Sorgen um die Auswirkungen von Zöllen im Pharmasektor waren zuletzt größer geworden. Aktien aus der ganzen Gesundheitsbranche hatten deshalb am Vortag deutlich Federn gelassen, was sich nun zumindest in Teilbereichen etwas entspannte. Anders sieht es im Medizintechnik-Bereich aus, wo künftig auf alle US-Importe mindestens ein Zoll von 10 Prozent erhoben werden soll, um die großen Handelsungleichgewichte mit den USA auszugleichen.