Trotz Fünf-Punkte-Plan: Rabattverträge gelten weiter Patrick Hollstein, 20.09.2023 08:31 Uhr
Mit einem Fünf-Punkte-Plan will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gegen Lieferengpässe vorgehen – doch bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass auch diese Ankündigung so gut wie keine Substanz hat. Zum Teil wiederholt die kurze Auflistung sogar Regelungen, die gerade erst mit dem Engpass-Gesetz (ALBVVG) verabschiedet wurden. Täuscht der Minister bewusst die Öffentlichkeit?
Als im Presseraum des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) am vergangenen Donnerstag der Fünf-Punkte-Plan ausgeteilt wurde, blickten die anwesenden Journalisten einigermaßen ratlos um sich. Was man hier auf einer A4-Seite hektisch zusammengetippt hatte, war eher eine Bestandsaufnahme als ein Maßnahmenplan.
Schon der erste Punkt enthielt zwar die Ankündigung, dass eine „High-Level-AG“ (deutsch: Steuerungskreis) eingerichtet wird. Aber gab es dafür nicht eigentlich den Beirat?
Punkt 2 enthielt die Aufforderung, keine Medikamente zu hamstern oder ohne Not zu verschreiben.
Punkt 3 versprach mehr Freiheiten für die Apotheken – war aber im Grunde nur eine Reaktivierung von Corona-Abgabeerleichterungen, die beim ALBVVG übersehen wurden.
Richtig offensichtlich wurde die Mogelpackung bei Punkt 4: „Festbeträge bleiben bei den dringlichen Kinderarzneimitteln weiter ausgesetzt, Aufzahlungen der Eltern werden vermieden. Vergütungserhöhungen für Kinderarzneimittel durch das ALBVVG wirken, Rabattverträge für Kinderarzneimittel werden ausgeschlossen.“
Sowohl das Aussetzen der Festbeträge als auch das Verbot von neuen Rabattverträgen stehen im ALBVVG – was war also noch einmal die konkrete Maßnahme? Einziger Erklärungsansatz: Nicht nur weitere Ausschreibungen werden gestrichen, sondern bestehende, teilweise noch Jahre geltende Rabattverträge vor dem Ende der Laufzeit aufgehoben.
Rabattverträge gelten weiter
Nein, stellt Lauterbachs Sprecher auf Nachfrage klar: „Gemeint ist, dass keine Rabattverträge mehr abgeschlossen werden dürfen.“ Denn: „Vereinbarte Rabattverträge sind als sehr hohes Rechtsgut im öffentlichen und privaten Recht grundsätzlich für die Laufzeit gültig. Sofern diese nicht bedient beziehungsweise beliefert werden, gelten dann aber die erweiterten Austauschmöglichkeiten der Apotheken.“
Punkt 5 enthält dann noch die Vereinbarung, dass alle Beteiligten eine „sachlich-realistische Kommunikation“ an den Tag legen, um unnötige Bevorratung zu vermeiden. „Besonnenes Handeln aller Akteurinnen und Akteure wirkt Engpässen in der Arzneimittelversorgung entgegen.“
Zumindest die Regelungen für die Apotheken müssen nun in Form gegossen werden. Dies soll mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG) geschehen, das am Mittwoch im Gesundheitsausschuss und am Freitag in erster Lesung im Plenum. Noch gibt es aber keine diesbezüglichen Änderungsanträge; dem Vernehmen nach könnte es bis zur 2./3. Lesung dauern, bis sie tatsächlich vorliegen.