Trittins zehn Verbote Alexander Müller, 17.06.2013 15:39 Uhr
Die Grünen wollen im Wahljahr möglichst konkret daherkommen: Die Basis durfte neun Schlüsselprojekte benennen, die im Falle einer Regierungsbeteiligung sofort angepackt werden sollen – Basisdemokratie in Reinkultur. Nur Spitzenkandidat Jürgen Trittin war das anscheinend zu positiv, zu brav: Er gibt den Freiheitskämpfer und präsentiert der Welt seine Liste an besonders nervigen Bevormundungen. Mit dabei: Die Apotheken.
Was Trittin als Kanzler sofort hinwegraffen würde, wäre dieses „Verbot des Mehrfachbesitzes“ bei Apotheken. Mal abgesehen davon, dass selbst in Familiendynastien nur selten jemand eine Apotheke mehrfach besitzt, und die Existenz von Filialapotheken außer Acht gelassen: Mehr haben die Grünen nicht?
Zuletzt war die einstige Ökopartei vor allem mit Trittins Steuererhöhungen in der Diskussion. Und jetzt fallen dem Fraktionschef ausgerechnet die Apotheker ein, wenn er an beschränkte Freiheiten denkt? Wie das Mehrbesitzverbot aus seiner Sicht die Preise verzerrt, erklärt Trittin nicht. Auch nicht, wessen Freiheitsgrade große Strukturen in der Arzneimittelversorgung eigentlich erhöhen würden.
Die erfreulichste Erklärung wäre noch, dass ihn das Thema eigentlich gar nichts angeht und er einfach noch einen Punkt für seine Freiheitsliste brauchte. Immerhin zählt auch das Fahrradmitnahmeverbot im ICE beim Staatsbetrieb Deutsche Bahn zu den schlimmsten Bevormundungen des Wutbürgers Trittin. Damit spricht er vielleicht noch dem einen oder anderen Grünen aus der Seele. Aber es wirkt schon ein bisschen, als hätte er zwanghaft versucht, die „Zehn Verbote“ vollzukriegen, weil das schön antiklerikal klingt.
Trotzdem ist die Situation gefährlich: Nach Steinbrücks Ausfällen zu Apotheken positioniert sich mit Trittin ein Spitzenkandidat explizit gegen die Apotheker. Und die beiden sind das Tandem einer möglichen Regierungskoalition. Die Apotheker sollten sich bis zur Wahl Klarheit darüber verschaffen, welche Sprüche ernst gemeint sind und mit was sie wirklich zu rechnen hätten.