Sterbehilfe

Tötungsmittel vom BfArM: FDP fordert gesetzliche Klarstellung

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Berlin -

Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2017 muss Schwerkranken in extremen Ausnahmesituationen der Zugang zur tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital gewährt werden. Die Sterbewilligen dürfen selbst über Leben und Tod entscheiden. Das Zünglein an der Waage hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das über die Anträge zum Erwerb des tödlichen Betäubungsmittels entscheidet. Bislang wurden alle abgelehnt. Die FDP im Bundestag fordert eine gesetzliche Klarstellung. Am 20. Februar findet eine Anhörung im Bundestag statt.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte im Sommer das BfArM aufgefordert, die Anträge von Sterbewilligen abzulehnen. „Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Selbsttötungshandlungen durch die behördliche, verwaltungsaktmäßige Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb des konkreten Suizidmittels aktiv zu unterstützen“, hieß es in einem Schreiben von Staatssekretär Lutz Stroppe an die Behörde.

Das BfArM folgte der Anweisung der Behörde und hat bisher über 93 von 123 vorliegenden Anträgen abgelehnt – 22 Antragsteller verstarben in der Wartezeit. Seit Mai 2018 sind bei der Behörde 16 Anträge für die Erlaubnis des Erwerbs von Natrium-Phenobarbital oder anderen BtM zur Selbsttötung in Extemsituationen gestellt, teilt die Bundesregierung auf Anfrage der FDP-Fraktion mit. Zehn Anträge wurde abgelehnt. Die FDP-Gesundheitspolitikerin Katrin Helling-Plahr sagte gegenüber dem „Tagesspiegel“, mit seiner „rechtswidrigen Hinhaltetaktik“ habe das Ministerium Schwerkranke nun kleingekriegt. „Die Betroffenen brauchen aber schnelle Rechtssicherheit, um selbstbestimmt sterben zu können.“

Die FDP fordert daher in einem Antrag eine gesetzliche Klarstellung, dass „für schwer und unheilbar Erkrankte in einer extremen Notlage“, wenn sie dies beabsichtigen, „der Erwerb eines Betäubungsmittels für eine Selbsttötung“ ermöglicht werden solle. Vorgesehen werden solle dafür auch ein Verfahren, um Anträge von Betroffenen zu bescheiden. Derzeit müssten einige Sterbehilfe im Ausland in Betracht ziehen.

Am Mittwoch findet im Bundestag die Anhörung im Gesundheitsausschuss statt. Verschiedene Organisationen wie beispielsweise die Bundesärztekammer, (BÄK) die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben oder für Palliativmedizin (DGP) sowie Einzelsachverständige haben dazu bereits eine Stellungnahme abgegeben. Die BÄK schreibt dazu: „Ärzte leisten Hilfe beim Sterben, aber nicht zum Sterben. Es darf keine Option ärztlichen Handelns sein, in schwierigen und hoffnungslosen Situationen einem Patienten eine aktive Tötung zu empfehlen oder daran mitzuwirken.“ Extreme menschliche Notlagen könnten auch nicht mit einem behördlichen Verwaltungsakt gelöst werden, heißt es weiter. Eine Alternative sei die Palliativ-Versorgung.

Der Deutsche Hospiz-und PalliativVerband (DHPV) hält die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für verfassungswidrig und spricht als Empfehlung aus von der Erarbeitung eines entsprechenden Gesetzesentwurfes abzusehen. Auch die DGP spricht sich eindeutig gegen die Bereitstellung der BtM zur Selbsttötung aus und führt drei Gründe an. Zum einen sei mit der Hospiz- und Palliativversorgung fast immer eine Leidensminderung verbunden, zum anderen stehen für die Betroffenen in derartigen Ausnahmesituationen Alternativen bereit und es besteht die Gefahr, „dass zum einen eine Begrenzung auf extreme Ausnahmesituationen nicht möglich ist und damit zum anderen eine staatliche Pflicht zur Assistenz bei Suizid geschaffen wird“.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts habe ein großes Dilemma geschaffen. Denn wie die Ausnahmefälle aussähen, in denen der Staat Zugang zu Tötungsmitteln ermöglichen solle, sei offen geblieben. „Schließlich lässt sich unerträgliches Leiden nicht in allgemeinverbindliche Kategorien pressen“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Weder ein Verwaltungsbeamter noch eine ärztliche Kommission könnten es objektiv bewerten. Das Bundesverfassungsgericht müsse nun endlich eine Entscheidung treffen, ob das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe mit dem Grundgesetz vereinbar ist. „Erst dann kann der Bundestag mit einem Gesetz für Klarheit und Rechtssicherheit sorgen.“

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben betonte dagegen, Motive, einen selbstbestimmten Tod einem palliativ erleichterten „natürlichen“ Tod vorzuziehen, lägen nicht primär in Symptomen wie Schmerzen oder Luftnot. Es gehe um eine Verletzung des Gefühls persönlicher Würde durch die Erkrankung – und auch den Wunsch prononciert selbstbestimmter und willensstarker Menschen nach Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt ihres Todes.

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