Arzneimittelausgaben

„Homöopathische AMNOG-Einsparungen

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Berlin -

Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) hat nach Auffassung der Techniker Krankenkasse (TK) auch im vierten Jahr sein Ziel deutlich verfehlt. Geplant gewesen seien Einsparungen in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich. 2014 seien gerade einmal 320 Millionen erreicht worden, sagte TK-Chef Jens Baas. Die wirtschaftliche Entlastung der Kassen sei „auf einem homöopathischen Niveau“.

Wenn das AMNOG als „lernendes System“ konsequent weiterentwickelt werde, seien viel größere Einsparungen möglich, sagte Baas bei der Vorstellung des aktuellen Arzneimittel-Innovationsreports. Von den 20 Präparaten, die 2012 auf den Markt gekommen seien, habe nur eines die „grüne Ampel“ erreicht: Zelboraf (Vemurafenib). Sieben Mal haben die TK-Gutachter „gelb“ vergeben, außerdem gab es zwölf „rote Ampeln“.

Obwohl die Bewertungen damit deutlich schlechter ausgefallen seien als im Vorjahr, seien die Präparate „erschreckend gut angekommen“, so Baas. Sie seien im ersten Jahr genauso häufig verordnet worden wie die Neueinführungen des Jahres 2011. Das AMNOG sei ein guter Ansatz, biete aber nach wie vor zu viele Schlupflöcher. Von den 20 Neueinführungen hatten laut Baas nur zwölf vollständig bewertet werden können; der Rest waren Orphan drugs oder selten eingesetzte Präparate gewesen, für die Ausnahmen vorgesehen sind. „Wenn das AMNOG endlich in der Arztpraxis ankommen und eine echte Entscheidungshilfe sein soll, müssen ausnahmslos alle neuen Arzneimittel auf ihren patientenrelevanten Zusatznutzen bewertet werden.“

Baas kritisierte auch, dass mehr als die Hälfte der untersuchten Präparate es bereits in die Leitlinien der Fachgesellschaften geschafft hätten, die einer Umfrage zufolge für die Ärzte als Entscheidungshilfe wichtiger seien als die Nutzenbewertung. Laut Gutachten, das auch in diesem Jahr für die TK vom Bremer Gesundheitsökonomen, Professor Dr. Gerd Glaeske, erstellt wurde, verordnen vor allem Ärzte in den neuen Bundesländern die umstrittenen neuen Präparate.

Laut Glaeske fehlt derzeit die Folgeforschung; er sprach sich für eine anlassbezogene Spätbewertung sowie eine obligatorische Kosten/Nutzen-Bewertung aus. Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, kritisierte die Fokussierung der Hersteller auf besonders lukrative Indikationen, allen voran die Onkologie. Wegen der beschleunigten Zulassung fehlten auch oft belastbare Daten. Er forderte ein spezielles Informationssystem für Ärzte.

Baas sprach sich dafür aus, die Erstattungspreise zumindest in Teilen geheim zu halten. Auf diese Weise ließen sich höhere Rabatte aushandeln. Außerdem sollten die Preise rückwirkend gelten.

Die Kasse hat den Report zum dritten Mal in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen veröffentlicht. Gezeigt werden soll demnach, ob neue Arzneimittel tatsächlich einen Fortschritt in der Versorgung darstellen.

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