TK-Innovationsreport 2017

TK fordert Arzneimittel-Sparpaket

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Berlin -

Neue Arzneimittel sind vor allem teuer und enttäuschen hinsichtlich ihres therapeutischen Nutzens. Zu diesem Ergebnis kommt der Innovationsreport 2017 der Techniker Krankenkasse (TK). In dem Report wurden 32 der neuen Wirkstoffe des Jahres 2014 daraufhin untersucht, ob sie eine bestehende Therapie verbessern, einen Zusatznutzen für die Patienten haben und ob die Kosten im Rahmen bleiben. Außerdem lässt sich anhand der Verordnungsdaten ihre Bedeutung im Markt ablesen. Zum ersten Mal ergab das Bewertungsschema des Innovationsreports keine einzige „grüne Gesamtampel“. Die Kasse fordert schon jetzt von der neuen Regierung ein Sparpaket für Arzneimittel.

17 der bewerteten Präparate wurden mit „gelb“ bewertet und 15 der neuen Arzneimittel erhielten eine rote Ampel, was laut TK meistens auf die unverhältnismäßig hohen Kosten zurückzuführen ist. Dabei stelle die Mehrzahl der neuen Medikamente keine echten Innovationen dar und erziele nur kleine Therapiefortschritte.

„Auch wenn es in einigen Bereichen Fortschritte gab, zeigt uns die Gesamtbewertung, dass die Industrie zu sehr darauf bedacht ist, hohe Preise einzufordern, statt wirklich innovative Arzneimittel zu entwickeln", so Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Die Politik sollte sich hier stärker einmischen und dem Preisgebaren der Pharmaindustrie ein Ende setzen. Auch wenn wir eine leistungsfähige und profitable Pharmaindustrie brauchen, muss die Solidargemeinschaft die Kosten schultern und von Innovationen profitieren können.“

Bereits im vergangenen Jahr berichtete die TK von einer Verdoppelung der durchschnittlichen Preise für neue Arzneimittel. In diesem Berichtsjahr ist der durchschnittliche Preis pro Packung noch einmal um etwa 1000 Euro auf rund 2500 Euro gestiegen, und die Umsätze der neuen Arzneimittel im Jahr nach der Markteinführung haben sich fast verfünffacht. Im aktuellen Innovationsreport kann die teuerste Therapie sogar Kosten von bis zu 1,2 Millionen Euro pro Patient verursachen. Außerdem findet sich das als „teuerste Pille“ bekannt gewordene Arzneimittel Sovaldi im Report wieder.

Die Folge: Allein bei der TK stiegen die Ausgaben für neue Arzneimittel im ersten Jahr nach der Markteinführung von 54 Millionen auf 250 Millionen Euro. Dies entspreche rund 5 Prozent der aktuellen Arzneimittelausgaben der TK. Baas: „Wir gehen davon aus, dass die Industrie in den kommenden Jahren die Preise noch weiter nach oben treiben wird. Daher muss die Politik gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode Nägel mit Köpfen machen und weitere kostendämpfende Maßnahmen ergreifen."

Die Anhebung des Herstellerabschlags von sieben auf zehn Prozent sei seiner Ansicht nach angemessen, um den überzogenen Forderungen der Pharmaindustrie kurzfristig etwas entgegenzusetzen. Zudem müssten die Lücken im Prozess der frühen Nutzenbewertung und der Preisverhandlungen im AMNOG-System geschlossen werden.

Der Blick auf den Zusatznutzen zeige zudem, dass auch hier 15 der untersuchten Arzneimittel eine „rote Ampel“ erhielten. Der überwiegende Anteil schloss mit einer „gelben Ampel“ ab (17 Arzneimittel). Auch beim Zusatznutzen wurde kein einziges Mal „grün“ vergeben. Dennoch bedeute dies, dass der größere Anteil der neuen Wirkstoffe für viele Patienten zumindest mit einem Nutzengewinn verbunden sei, auch wenn dieser nicht durchschlagend sei.

„Die Pharmaindustrie versteht sich besser darauf, hohe Preise zu Lasten der Beitragszahler einzutreiben, als wirkliche Innovationen auf den Markt zu bringen“, betonte Professor Dr. Gerd Glaeske von der Universität Bremen. „Neue Arzneimittel kommen vor allem in Therapiegebieten auf den Markt, in denen hohe Preise verlangt werden können. Dabei bräuchten wir zum Beispiel dringend neue Antibiotika.“

Für sechs der untersuchten Wirkstoffe wurden innerhalb der ersten beiden Jahre nach Markteinführung Rote-Hand-Briefe verschickt, mit denen zum Beispiel auf Arzneimittelrisiken hingewiesen wurde, die zum Zulassungszeitpunkt noch nicht bekannt waren. Für zwei Wirkstoffe war dies laut TK sogar zweimal der Fall. Gleichzeitig setzte sich der Trend fort, dass neue Wirkstoffe bereits nach sehr kurzer Zeit trotz eines geringen therapeutischen Fortschritts und negativer Bewertungen in den Leitlinien der Fachgesellschaften auftauchten. Das betreffe aktuell zum Beispiel die Wirkstoffe Cabozantinib, Cobicistat, Nalmefen oder Obinutuzumab. Keiner dieser Wirkstoffe hat das Therapiespektrum um einen überzeugenden Nutzen erweitert. Sie erhielten alle eine rote Gesamtampel.

Ein Sonderkapitel widmet der Innovationsreport 2017 den Biosimilars. „Im onkologischen Bereich erwarten wir in naher Zukunft im Zuge von Patentabläufen weitere Biosimilars. Durch den Einsatz dieser Biosimilars sind gemäß Hochrechnung des aktuellen Innovationsreports in den nächsten Jahren Einsparungen von bis zu 500 Millionen Euro für die gesetzlichen Krankenversicherungen möglich", so Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

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