Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) trommelt am Wochenende zur Mitgliederversammlung. Verbandschef Dr. Klaus Michels hofft auf seine Wiederwahl – und darauf, dass der Verband die Millionen aus dem Verkauf seiner Anteile am ARZ Haan zu eigenen Zwecken verwenden darf. Es gibt bereits Stimmen, dass ein Teil in die PTA-Ausbildung beziehungsweise an die Kammer fließen soll. Auch in Thüringen stehen Vorstandswahlen an.
In Westfalen-Lippe werden am Wochenende unter anderem zwei Anträge der Apotheker Gunnar Müller und Georg Wiemann von John (Teutoburg-Apotheke, Detmold) diskutiert. Dabei geht es um die Gelder, die durch den Ausstieg des AVWL beim Rechenzentrum ARZ Haan frei werden – 15,4 Millionen Euro. Aus Sicht der Antragsteller soll für diese Mittel ein Zweck festgelegt werden.
Die Gelder sollen – so der erste Antrag – etwa in die Förderung der PTA-Schulen im Kammerbezirk fließen. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) hatte Mitte Juni beschlossen, die Förderung für die Schulen auszubauen. Bislang fördert die Kammer die Zuschüsse mit rund 10 Euro pro Schüler und Monat, insgesamt zwischen 80.000 und 90.000 Euro im Jahr. Ab August erhalten die Schulen bis zu 70 Euro pro Schüler und Monat. Derzeit arbeitet die Kammer zusammen mit den PTA-Schulen an einem Kriterienkatalog für die Förderung. Sobald dieser beschlossen ist, können die Schulen rückwirkend ab August die Gelder beantragen.
Um das zu stemmen, müsste der Kammerbeitrag für Apothekenleiter einem Sprecher zufolge von derzeit 0,098 Prozent auf 0,11 vom Umsatz ansteigen. Das entspreche bei einer Durchschnittsapotheke etwa 300 Euro im Jahr. In den vergangenen fünf Jahren habe der Kammerbeitrag von 0,125 Prozent auf den derzeitigen Wert gesenkt werden können, nun müsse er wieder steigen. Die Entscheidung über die Anhebung trifft die Kammerversammlung Anfang Dezember.
Müller möchte mit einer Finanzspritze des Verbands für die PTA-Schulen diese Beitragserhöhung vermeiden. Auch mit ihrem zweiten Antrag wollen die beiden Apotheker die Kammer unterstützen: Sie schlagen eine Ausgleichszahlung an die Kammer für die seinerzeit überlassenen Anteile vor. Ursprünglich war auch die AKWL an dem Rechenzentrum beteiligt. Im Vorfeld der letzten Kammerversammlung war der Streit mit dem Verband eskaliert.
Neben diesen Anträgen stehen in Westfalen-Lippe ein Bericht des Vorstandsvorsitzenden, die Beziehungen zu den Krankenkassen, der Haushalt für 2016 und die Vorstandswahlen auf der Tagesordnung. Der bisherige Vorstand will laut Geschäftsführer Dr. Sebastian Schwintek geschlossen zur Wiederwahl antreten.
Spannend bleibt es dennoch bis zum Schluss, denn bei den Mitgliederversammlung können sich noch spontan neue Kandidaten melden – und Michels ist nicht unumstritten. Erst im Juni hatten sich Kammerpräsidentin Gabriele Overwiening und ihr Vize René Graf entschlossen, aus dem Verband auszutreten. Overwiening erklärte, sie habe Probleme mit der Zielsetzung des Verbands und den getroffenen Entscheidungen.
Michels ist seit 2007 Verbandschef. Dem Vorstand gehört er bereits seit 1991 an, vor acht Jahren folgte er auf Dr. Horst-Lothar Müller. Michels leitet zusammen mit Bärbel Kesselmeier die MediCo-Apotheke am Brüderkrankenhaus in Paderborn und – als Filiale – die Apotheke im Minipreis-Center in Verl. Michels Frau Christine führt die Rats Apotheke, die ursprünglich Michels Mutter Elisabeth gehörte, und die Apotheke am Salinenhof in Salzkotten. Dem Ehemann von Michels Geschäftspartnerin, Dr. Manfred Kesselmeier, gehören vier Apotheken in Paderborn. Zusammen vertreiben die beiden Familien auch eine eigene Kosmetikserie.
Michels gilt als Befürworter merkantil ausgerichteter Apotheken. In der Leitbild-Debatte hatte er vor allem davor gewarnt, das Sortiment der Apotheken zu beschneiden, und sich gegen „jede weitere wirtschaftliche Beschränkung der Apothekentätigkeit“ ausgesprochen. Bei der Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) im Jahr 2011 hatten sich Michels und sein Geschäftsführer Dr. Sebastian Schwintek öffentlich gegen die verfasste Apothekerschaft gestellt und eine weite Definition von „apothekenüblichen Waren und Dienstleistungen“ gefordert.
In Thüringen wird es erwartungsgemäß ruhiger zugehen. Verbandschef Stefan Fink will sich ebenfalls erneut zur Wahl stellen. Auch er steht seit 2007 an der Spitze. Der gebürtige Bayer betreibt in Weimar die Classic-Apotheke im Rewe-Center. Neben den Vorstandswahlen geht es am Samstag in Weimar im Haus der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen um den Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden, Geschäfts- und Haushaltsbericht sowie das Modellprojekt ARMIN. Derzeit arbeiten die Beteiligten an der Umsetzung der dritten Stufe, dem Medikationsmanagement. Die ersten Apotheken wurden inzwischen an das sichere Netz der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV-Safenet) angeschlossen und können somit Daten mit Ärzten austauschen.
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