Honorarstreit

Thüringen: Jede zweite Apotheke bedroht Gabriele Hoberg, 05.02.2018 12:45 Uhr

Berlin - 

Eine Absenkung des Fixzuschlags, wie im Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) vorgeschlagen, könnte in Thüringen für jede zweite Apotheke das Aus bedeuten. Das hat der Apothekerverband in Erfurt ausgerechnet. In einem Interview der Ostthüringer Zeitung erklärt Verbandschef Stefan Fink, dass die 2hm-Studie „ein Gutachten für die Schublade sei”.

Wenn die Empfehlungen zum Apothekerhonorar so umgesetzt würden wie empfohlen, könnte sich viele Apotheken wirtschaftlich nicht mehr halten. Fink geht davon aus, dass von den 550 Apotheken in Thüringen rund 270 schließen müssten, in 82 Kleinstädten gäbe es dann keine Apotheke mehr vor Ort. Dazu kämen bis zu 2000 Arbeitsplätze, die dann wegfielen und vor allem Frauen treffen würden. Denn der Frauenanteil in Thüringer Apotheken liegt bei aktuell etwa 90 Prozent.

Ferner sieht der Thüringer Apothekerverband bei den weiter bestehenden Apotheken die Gefahr eingeschränkter Dienstleistung. Mit weniger Personal falle künftig die kompetente Beratung dann kürzer oder sogar ganz aus. Botendienste oder Fortbildungen für Mitarbeiter wären auch Kandidaten für die Streichliste.

Das 2hm-Gutachten hatte Ende 2017 ein Zahlenwerk geliefert, das bei Umsetzung das Jahreseinkommen der Apotheken um durchschnittlich 50.000 Euro schmälern würde. Besonders der Fixzuschlag von 8,35 Euro ist den Gutachtern ein Dorn im Auge. Sie halten den Preis im Verhältnis zum Arbeitsaufwand für deutlich überzogen.

Für Fink steht die rot-rot-grüne Landesregierung unter Bodo Ramelow in der Pflicht, sich für die Thüringer stark zu machen und alles abzuwehren, was der Arzneimittelversorgung vor Ort zuwider läuft. Bislang habe sich jede Landesregierung dafür stark gemacht.

Die Zahl der Apotheken in ganz Deutschland ist Ende 2017 auf 19.748 gesunken. Das sind genau 275 Apotheken oder 1,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Ende 2016 gab es noch 20.023 Apotheken. Damit hat sich der Rückgang weiter beschleunigt – nach minus 226 im Jahr 2016 und minus 192 im Jahr 2015, teilte die ABDA vergangene Woche mit. Besonders deutlich ist das Minus bei den Hauptapotheken, doch auch der Trend zur Filialisierung schwächt sich ab.

Die aktuelle Zahl markiert den tiefsten Stand seit 30 Jahren – 1987 gab es in Ost- und Westdeutschland zusammen 19.637 Apotheken. Der aktuelle Rückgang ergibt sich aus dem Saldo von 120 Neueröffnungen und 395 Schließungen.

In Thüringen gab es nach einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC in den Kammerbezirken am zum Ende des vergangenen Jahres noch 546 Apotheken. Das waren 8 weniger als im Vorjahr.