Aktuell wird über die Terminvergabe für Kassenpatienten und die Einführung von Mindestkontingenten für GKV-Versicherte diskutiert – auch im Zuge des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG). Doch dabei gebe es ein völlig falsches Verständnis darüber, inwieweit in unternehmerisch organisierte Arztpraxen eingegriffen werden dürfe, erklärt der Virchowbund.
„Arztpraxen in Deutschland sind wirtschaftliche Unternehmungen. Sie werden in der Regel von einem Arzt oder einer Ärztin betrieben, die unter anderem einen Vertrag mit dem System der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) haben und deshalb Vertragsärzte sind. Die Vertragsarztpraxis gehört den Eigentümern und nicht den Krankenkassen oder dem Staat“, betont Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes. Zur Gründung einer Praxis nehme der Eigentümer Kredite auf, finanziere Personal und betreibe die Praxis auf eigenes persönliches und wirtschaftliches Risiko.
Die Pflichten einer Vertragsarztpraxis umfassten 25 Stunden Tätigkeit für GKV-Versicherte in Form von Sprechzeiten und Hausbesuchen. Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung seien zudem bis zu 13 Stunden Nebentätigkeit bei einem vollen Kassenarztsitz und 26 Stunden bei einem halben möglich. Diese würden häufig zur Behandlung von Selbstzahlern wie Privatpatienten genutzt. Die Art der Nebentätigkeit sei für den Praxisinhaber frei wählbar.
„Wer Kontingente für GKV-Versicherte zwangsweise vorschreiben will und damit faktisch jede andere berufliche Tätigkeit einschränkt, will die Vertragsärzte enteignen und macht aus dem Praxisarzt einen Staatsmediziner“, so Heinrich.
Deshalb seien Zwangseingriffe in die Terminorganisation und gesetzlich vorgegebene Kontingente für GKV-Versicherte ein Angriff auf die selbstverantwortete, freie unternehmerisch-wirtschaftliche Tätigkeit des Vertragsarztes und daher wahrscheinlich verfassungswidrig, erklärt Heinrich. „Wir werden derartige Vorhaben deshalb auch verfassungsrechtlich prüfen und nötigenfalls nach Karlsruhe gehen“, kündigt er an.
Um auf dieses Missverständnis von Politik und Krankenkassen hinzuweisen, hat der Virchowbund ein Factsheet erstellt. Es liefert Hintergründe zu Wartezeiten auf Arzttermine und zeigt die möglichen Folgen weiterer Eingriffe in die Terminorganisation von Arztpraxen auf. Als Hauptgründe für lange Wartezeiten nennt der Verband unter anderem die Verknappung des Angebots durch die Budgetierung, den freien Zugang zu allen Haus- und Facharztpraxen sowie eine steigende Zahl GKV-Versicherter bei gleichzeitig wachsender Krankheitslast.