Telepharmazie: Übernehmen PTA jetzt Notdienste? Lilith Teusch, 18.06.2024 12:33 Uhr
Nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sollen PTA künftig mehr Verantwortung in der Apotheke übernehmen. Laut aktuellem Referentenentwurf sollen sie auch alleine in der Apotheke stehen dürfen, sofern ein Apotheker jederzeit telepharmazeutisch, zum Beispiel per Videoschaltung, erreichbar ist. Könnten PTA in Zukunft auch die Notdienstbereitschaft übernehmen?
Laut Referentenentwurf soll es zukünftig auch möglich sein, eine Apotheke nur in Anwesenheit von „erfahrenen“ PTA zu öffnen und zu betreiben, sofern eine „telepharmazeutische Anbindung an Apothekerinnen und Apotheker im Filialverbund“ sichergestellt ist. Außerdem muss die Apothekenleitung mindestens acht Stunden in der Woche persönlich anwesend sein. Dürften damit auch PTA den Nacht- und Notdienst übernehmen?
Vertretung oder PTA?
Wer den Notdienst leisten darf, ist in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nicht explizit geregelt. Laut § 3 darf eine Apotheke generell nur „geöffnet sein und betrieben werden“, wenn ein Apotheker oder eine „vertretungsberechtigte Person“ anwesend ist. Laut § 2 Absatz 6 handelt es sich dabei um Apotheker oder Apothekerassistenten und Pharmazieingenieure, sofern diese hinsichtlich ihrer „Kenntnisse und Fähigkeiten“ dafür geeignet sind und mindestens sechs Monate hauptberuflich in einer öffentlichen Apotheke oder Krankenhausapotheke gearbeitet haben. Allerdings sind damit Fälle gemeint, in denen die Inhaberin oder der Inhaber etwa in Urlaub sind und bei denen die Vertretung auch rechtzeitig angemeldet werden muss.
Mit der Reform soll jetzt in § 3 ein neuer Absatz 3a eingeführt werden, nach dem „eine Apotheke geöffnet sein und betrieben werden“ darf, wenn eine PTA anwesend ist, für die nach Absatz 5b die Pflicht zur Beaufsichtigung entfallen ist.
Berufserfahrung und Fortbildungszertifikat
Voraussetzung ist, dass die PTA mindestens fünf Jahre in Vollzeit in Apotheken tätig war (oder in entsprechendem Umfang in Teilzeit). Wenn sie die staatliche Prüfung mindestens mit der Gesamtnote „gut“ bestanden hat, genügt eine Berufstätigkeit von drei Jahren. Außerdem muss sie ein gültiges Fortbildungszertifikat einer Apothekerkammer als Nachweis der regelmäßigen Fortbildung nachweisen.
Der Apothekenleiter muss sich im Rahmen einer mindestens einjährigen Berufstätigkeit der PTA in seinem Verantwortungsbereich über die Zuverlässigkeit vergewissert haben und er muss nach schriftlicher Anhörung der PTA „Art und Umfang der pharmazeutischen Tätigkeiten schriftlich oder elektronisch festgelegt“ haben, für die die Pflicht zur Beaufsichtigung entfällt.
Welche Aufgaben in Frage kommen, ist wiederum per Ausschluss geregelt: So dürfen PTA nicht ohne Aufsicht arbeiten bei der Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung, beim patientenindividuellen Stellen oder Verblistern von Arzneimitteln sowie bei der Abgabe von Betäubungsmitteln, von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid und von Einzelimporten.
Die Abgabe von Arzneimitteln gehört nicht dazu – womöglich auch nicht im Notdienst. Jedenfalls umfasst die geplante Regelung nicht nur, dass bei Anwesenheit einer erfahrenen PTA „eine Apotheke geöffnet sein“ kann, sondern explizit auch, dass sie „betrieben werden“ darf.
Präsenz vs. Erreichbarkeit
Nur in § 23 Absatz 3 ist die Regelung enthalten, dass der Apothekenleiter oder die „vertretungsberechtigte Person“ während der Dienstzeit nicht in der Apotheke sein müssen, sondern sich auch in unmittelbarer Nachbarschaft zur Apotheke aufhalten und jederzeit erreichbar sein müssen.
Diese Regelung wird im Entwurf nicht angefasst – so gesehen müsste dann die PTA, sofern sie denn tatsächlich den Notdienst übernehmen darf, in der Apotheke sein.
Auf Nachfrage wollte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sich nicht dazu äußern: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Detailfragen zu Referentenentwürfen, die sich noch in der regierungsinternen Abstimmung befinden, nicht beantworten können“, so ein Sprecher.