Arzneimittelausgaben

Die Horrorzahlen der TK

, Uhr
Berlin -

Wie viel geben die Krankenkassen für Arzneimittel aus? Die Antwort auf diese Frage ist politischer Sprengstoff. Je nach Quelle und Methode kommt man auf ganz unterschiedliche Werte. Die Apotheker rechnen auf Basis eigener Daten, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Basis der GKV-Zahlen. Und Jahr für Jahr wartet die Techniker Krankenkasse (TK) mit einem Rekordwert auf.

Das BMG beziffert die Arzneimittelausgaben für 2015 quasi amtlich auf 37 Milliarden Euro, die GKV-Statistik nennt gut 36 Milliarden Euro. Insight Health kommt auf 37,6 Milliarden Euro, der Deutsche Apotherkverband (DAV) wiederum verkündet 32,9 Milliarden Euro. Die TK kommt auf 40,8 Milliarden Euro. Wie passt das zusammen?

Der DAV erhält seine Zahlen von den Apothekenrechenzentren. Diese umfassen sämtliche in öffentlichen Apotheken zu Lasten der GKV abgegebenen Arzneimittel. Impfstoffe – weitere 1,2 Milliarden Euro – sind nicht enthalten. Die Angaben beziehen sich laut DAV die effektiven GKV-Zahlungen an die Apotheken, also inklusive Mehrwertsteuer, aber nach Abzug der Abschläge der Hersteller (2,5 Milliarden Euro) und Apotheken (1,1 Milliarde Euro) sowie der Patientenzuzahlung (2,1 Milliarden Euro). Die durch Rabattverträge erzielten Einsparungen – zuletzt immerhin zwischen 3,4 und 3,6 Milliarden Euro – sind in den DAV-Zahlen ebenfalls nicht berücksichtigt.

Datenbasis für das BMG sind die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen. Anders als beim DAV sind in den 37 Milliarden Euro die Zuzahlungen der Patienten enthalten. Neben Arzneimitteln werden Impfstoffe sowie Verbandmittel aus Sanitätshäusern berücksichtigt. Daher ergibt sich der um 800 Millionen Euro höhere Wert.

Die TK vermeldet wieder einmal einen rechnerischen Rekordwert: Danach hätten niedergelassene Ärzte ihren gesetzlich versicherten Patienten im Jahr 2015 Arzneimittel im Wert von 40,8 Milliarden Euro verschrieben. Gegenüber dem Vorjahr sei das ein Anstieg von 4,9 Prozent, so die TK.

Durchschnittlich bekam jeder Versicherte laut TK danach Medikamente im Wert von 584 Euro verschrieben. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 570 Euro und 2013 bei 538 Euro. Bei ihren Angaben bezieht sich die TK auf die Statistiken des GKV-Spitzenverbandes – genauso wie das BMG.

Die TK hat zu den Arzneimittelausgaben aber die Zuzahlungen der Patienten hinzugerechnet und die gesetzlichen verordneten Abschläge der Hersteller und Apotheken unberücksichtigt gelassen, genauso wie die Einsparungen aus den Rabattverträgen. Das macht zusammen 40,8 Milliarden Euro. Mit dieser Rechnung toppt die TK in der Summe alle anderen Angaben zu den Arzneimittelausgaben.

Doch die TK nutzt die aufgeblähte Rechnung für ihre politische Botschaft: „Betrachtet man die Zahlen aus 2015, so scheint die Preissteigerung von 4,9 Prozent zunächst moderat. Das lässt jedoch außer Acht, dass wir bereits 2014 eine extreme Steigerung hatten, auf die nun wieder fast 5 Prozent kommen", so Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel. „Das AMNOG und auch die nun vorliegenden Vorschläge aus dem Pharmadialog werden die Arzneimittelausgaben nicht nachhaltig senken können."

Die Zwangsrabatte der Hersteller blieben hingegen mit etwa 2,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr stabil, so die TK weiter. Vor der gesetzlichen Senkung des Herstellerrabatts betrugen sie noch 3,6 Milliarden Euro (2013). „Um dem entgegenzuwirken, nutzen wir die Möglichkeit, mit den Herstellern Rabattverträge für Generika und Originalpräparate zu schließen", so Steimle.

Das Verschreibungsverhalten der Ärzte ist laut TK regional sehr unterschiedlich. Am teuersten waren die Verordnungen in Hamburg (746 Euro pro Versicherten in 2015) und am günstigsten in Schleswig-Holstein (500 Euro pro Versicherten in 2015). Insgesamt leisteten die Versicherten Zuzahlungen von insgesamt 2,2 Milliarden Euro, was etwa 32 Euro je Versichertem entspricht.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Zwischen 0,4 und 1,9 Prozentpunkten
Mehrheit der Kassen erhöht Beitrag
Engpasspauschale pro Zeile
Abgaberangfolge gilt auch bei Engpass
Mehr aus Ressort
ApoRG in nächster Legislatur
Köpping setzt auf Nachwuchsförderung
Paul-Ehrlich-Institut
Neuer Chef fürs PEI

APOTHEKE ADHOC Debatte