Lunapharm-Skandal

Task Force fordert Importverbot

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Berlin -

Als Konsequenz aus dem Lunapharm-Skandal um aus Griechenland geschmuggelte Arzneimittel fordert die Task Force ein grundsätzliches Verbot von Parallelimporten. In dem Bericht zur Aufklärung der Hintergründe wirft die Task Force den Aufsichtsbehörden in Brandenburg außerdem schwere Versäumnisse vor und sieht die Gesundheit der Patienten in Gefahr. Landesgesundheitsministerin Diana Golze (Die Linke) trat mittlerweile von ihrem Amt zurück.

Die Task Force „befürwortet ein Verbot des Parallelvertriebs von Arzneimitteln in der EU sowie der Vermittler- und Mitvertreiber-Tätigkeit“ und „regt an, ein Verbot des Parallelimportes von Arzneimitteln in die fachliche und politische Diskussion einzubringen“, heißt es im Abschlussbericht der Task Force im Kapitel „Empfehlungen für die Aufsichtsbehörde“.

Mit klaren Worten weist der Bericht auf die gesundheitlichen Aspekte des Lunapharm-Skandals hin: „Die Mitglieder der Task Force legen großen Wert auf die Feststellung, dass durch das Handeln von Personen oder Firmen Patienten in Deutschland einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt wurden“, so der Bericht. Darüber hinaus seien in diesem Fall den Patienten in Griechenland wichtige Arzneimittel vorenthalten und eine medizinisch begründete Behandlung dieser Patienten unmöglich gemacht worden: „Durch ein solches Handeln wird daneben den Gesundheits- und Sozialsystemen substanzieller Schaden zugefügt. Die Mitglieder der Task Force halten solches Handeln für ethisch und moralisch inakzeptabel.“

Aus den vorliegenden Dokumenten, vor allem aus der Korrespondenz zwischen den verschiedenen Behörden und Institutionen, gehe hervor, dass sich das zuständige Dezernat des LAVG mit anderen Stellen unverzüglich und intensiv bemüht habe, Informationen zum Verdacht auf Inverkehrbringen gefälschter Arzneimittel zu erhalten. „Dies führte am 13. Februar 2017 zu der Einschätzung, dass der begründete Verdacht besteht, dass Lunapharm gefälschte Arzneimittel in den Verkehr bringt. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, zu diesem Zeitpunkt erforderliche Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für Patienten einzuleiten“, heißt es in dem Bericht.

Und weiter: „Die Task Force konnte nicht schlüssig klären, warum dies nicht geschah.“ Die Task Force habe mehrere unterschiedliche Faktoren identifiziert, die vermutlich zusammengewirkt und zu der erheblichen zeitlichen Verzögerung effektiver risikomindernder Maßnahmen geführt hätten. Dazu zähle eine Unterschätzung der Bedeutung des Sachverhaltes auf EU-Ebene, eine wenig stringente Befolgung bestehender Verfahrensanweisungen, Geschäftsordnungen und Dienstanweisungen und „eine nicht effiziente Kommunikation mit Ermittlungs- und Bundesbehörden sowie zeitlich verzögerte Gerichtsentscheidungen“. Darüber hinaus seien „unzureichende Schritte“ unternommen worden, um alle zuständigen und fachkundigen Mitarbeiter im LAVG und MASGF zusammenzubringen, um die bestehende Situation zu analysieren und die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren.

„Begünstigende Umstände“ seien eine in qualitativer und quantitativer Hinsicht personell unzureichend besetzte Fachaufsicht im Ministerium und eine den Anforderungen nicht entsprechende personelle Besetzung der Aufsichtsbehörde im LAVG gewesen. Zudem habe keine hinreichende Klarheit über Entscheidungsspielräume und Entscheidungsabläufe zwischen dem Gesundheitsministerium (MASGF) und LAVG bestanden. „Ein für diesen aus Patientenperspektive höchst sensiblen Sachverhalt notwendiges Vier-Augen-Prinzip fand keine Anwendung“, kritisiert die Task Force.

Zudem sei festzustellen, dass in der Aufsichtsbehörde im LAVG vorhandene Unterlagen zur Regelung des Dienstbetriebs von den handelnden Personen nicht adäquat angewendet worden seien. Auch seien in der Aufsichtsbehörde im LAVG Defizite in der Transparenz der internen Kommunikation, eine mangelnde Aktenführung und Dokumentation von Entscheidungsfindungen, eine fehlende Posteingangskontrolle und unklare beziehungsweise unzureichende Vertretungsregelungen ebenso wie eine unzureichende Einhaltung des Dienstweges über die Abteilungsleitung beziehungsweise den Präsidenten an das MASGF und zurück, deutlich geworden.

Um künftig solche Pannen zu verhindern, hält die Task Force für eine „sachgerechte Wahrnehmung der fachaufsichtlichen Aufgaben eine adäquate Besetzung der diese ausführenden Stellen mit in der Sache kompetenten, fachlich ausreichend qualifizierten und über Verwaltungswissen und -erfahrung verfügenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für notwendig“. Zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze schlägt die Task Force eine Prüfung der Verlagerung des LAVG, Abteilung Gesundheit, an den Standort Potsdam für angezeigt.

Auch gesetzliche Änderungen hält die Task Force für notwendig. Nach derzeit geltendem Recht könnten die Aufsichtsbehörden zwar sofortige Vollzug von Maßnahmen anordnen: „Es fehlt aber hier die Regelung, dass Widerspruch und/oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben“.

Geleitet wurde die Task Force von Dr. Ulrich Hagemann, Abteilungsleiter a.D. des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Mitglied der Task Force ist auch Professor Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).

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