Regelmäßig schimpft die Adexa über die Apothekenleiter in Sachsen. Weil der Sächsische Apothekerverband (SAV) 1997 aus dem Arbeitgeberverband ADA ausgetreten ist, gilt im Freistaat der bundesweite Tarifvertrag nicht. Die Gewerkschaft fordert eine Rückkehr des Verbands in die Tarifgemeinschaft. Dazu könnte es im nächsten Jahr tatsächlich kommen.
Der SAV begründet seinen Ausstieg aus dem ADA bis heute mit der hohen Quote an Pharmazieingenieuren in Sachsen. Diese wurden zu DDR-Zeiten in Leipzig ausgebildet, dürfen nach heutigem Recht einen Apotheker bis zu vier Wochen im Jahr vertreten – und werden auch besser bezahlt als PTA: Das Gehalt liegt nach dem Tarifvertrag in den späteren Berufsjahren etwa 280 Euro höher. Sachsens Apotheker befürchten daher überdurchschnittlich hohe Personalkosten.
Allerdings handelt es bei den Pharmazieingenieuren um eine „aussterbende“ Berufsgruppe, weil seit der Wende keine neuen mehr ausgebildet wurden. In Sachsen gibt es laut SAV noch rund 800 Mitarbeiter mit dieser Ausbildung. Jedes Jahr gehen circa 120 von ihnen in Rente, der letzte Pharmazieingenieur erreicht damit 2033 das Rentenalter.
Die Adexa hält das Argument für vorgeschoben und wirft den Apothekern „Lohn-Dumping“ vor. Die PKA in Sachsen arbeiteten zum Teil unter dem geplanten gesetzlichen Mindestlohn, sagte die Vorsitzende Barbara Neusetzer unlängst. Eine Umfrage der Gewerkschaft habe ergeben, dass viele Angestellte bis zu ein Drittel unter Tarifvertrag entlohnt würden.
Die SAV-Vorsitzende Monika Koch kann das nicht glauben: „Diese Angaben halte ich für unwahrscheinlich.“ Der Verband will eine eigene Umfrage unter seinen Mitgliedern durchführen. Die Apotheker sollen angeben, ob sie ihre Angestellten nach Tarifvertrag, über- oder untertariflich bezahlen. Neusetzer und Koch haben vereinbart, die Ergebnisse zu vergleichen. Da beide Seiten bestimmte Interessen vertreten, liegt die Wahrheit vermutlich irgendwo in der Mitte.
Koch selbst hatte sich vor Jahren im Verband schon einmal für eine Rückkehr des SAV in den ADA eingesetzt, aber weder im Vorstand noch bei der Mitgliederversammlung eine Mehrheit für den Vorschlag gewinnen können. Seitdem hat sie das Thema nicht mehr angefasst.
Die Adexa hatte zuletzt über Bande gespielt und politischen Druck aufgebaut. In der Debatte um das Leitbild hatte die Gewerkschaft der ABDA ein Sachsen-Problem attestiert: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt mache sich unglaubwürdig, wenn in seinem Kammerbezirk Gehälter weit unter dem Durchschnitt gezahlt würden. Schmidt war ab 1994 im Verbandsvorstand und ab 1998 sogar Vize, bevor er 2002 erfolgreich als Kammerpräsident kandidierte.
Koch weiß, dass ein erzwungener Tarifbeitritt weder dem Verband noch den Angestellten helfen würde: Weil nur Verbandsmitglieder an die Vereinbarungen der Tarifpartner gebunden sind, sieht Koch das Risiko, dass viele Apotheker dem SAV den Rücken kehren könnten. Derzeit hat der Verband nach eigenen Angaben eine Abdeckung von 93 Prozent.
Zum Jahresende stehen beim SAV Wahlen an. Koch wird nach 20 Jahren an der Spitze des Verbandes nicht mehr kandidieren. Sie erwartet, dass das Thema vom neuen Vorstand zumindest wieder auf die Tagesordnung geholt wird. Schließlich müssten sich auch Sachsens Apotheker mit den Nachwuchssorgen der ganzen Branche befassen.
SAV-Geschäftsführer Ulrich Bethge hat zuletzt in einem Radio-Interview mit dem MDR angedeutet, dass eine neue Generation im Verband das Thema anders bewerten könnte. Auch Bethge will zum Jahresende aufhören, wenn endlich ein Nachfolger gefunden wird.
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